Wer sich nicht in Anna Carina Buchegger verliebt, dem kann nicht mehr geholfen werden. Als quirlig und quicklebendig hat Regie-Ikone Trevor Nunn die Rolle der Rumple­teazer im Musical Cats bei den Proben beschrieben. Und Buchegger verkörpert diese Qualitäten bis in die strohblonden Haarspitzen. Dass sie seit kurzem selber zwei Kätzchen daheim hat, von denen sie sich frische Inputs fürs Rollenstudium holt, ist schon fast zu perfekt, um wahr zu sein.

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Sitzt man mit Mungojerrie (mit bürgerlichem Namen Andrea Luca Cotti) und Rumpleteazer im Pausenraum des Wiener Ronacher, braucht man auch keinen Fernseher mehr. Hier gilt gleichfalls: Die sind so lustig! Dem Text ihres berühmten Duetts zufolge haben wir es hier mit zwei Tigerkatzen zu tun, mit „täppischen Clowns, Verwandlungskünstlern und Drahtseilartisten“. Die Übersetzung für all jene, die das Stück nicht kennen, lautet: Sie sind das Gaunerpärchen des Erfolgsmusicals Cats. Ein Buffo-Duo, hätte man früher gesagt.

Gute Chemie: Das war bei Anna Carina und Andrea Luca von Anfang an so. So mancher Lachkrampf auf der Bühne wird einfach der Rolle in die Schuhe geschoben.

Foto: Rolf Bock

Bühne: Es geht wieder los…

Andrea Luca Cotti: Gott sei Dank! Ich bin so froh, endlich wieder was Produktives machen zu können – also nicht, dass ich im Lockdown nichts Produktives gemacht hätte, aber das, worauf man so lange hingearbeitet hat, das, was man liebt, endlich wieder den Leuten zeigen zu können – das fühlt sich gut an.

Anna Carina Buchegger: Es war hart. Wir hatten letztes Jahr so eine lange Probenphase und dann haben wir eigentlich gar nicht lange gespielt. Von einem Tag auf den anderen war’s plötzlich vorbei. Total unbefriedigend. Zunächst waren wir noch voll positiv, man wusste ja gar nicht, wie die Situation einzuschätzen ist, es wurden noch Pläne für April gemacht… aber dann war bald klar: Es geht gar nicht mehr.

A: Ich bin auch aufgeregt, weil dadurch, dass wir jetzt eines der ersten großen Musicals weltweit sind, das wieder aufmacht, hab ich auch das Gefühl, wir haben eine große Verantwortung.

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Was habt ihr an euren Rollen am meisten vermisst?

AC: Den Andrea natürlich!

A: Die Anna Carina natürlich!

(Lachen.)

A: Diese zwei Rollen machen einfach unglaublich Spaß auf der Bühne. Man darf sie ziemlich frei gestalten. Und wir haben das auch leidlich ausgenutzt und sie mit sehr viel Humor angelegt. Es gibt wenig andere Stücke, bei denen man seine Persönlichkeit so mit einbringen kann.

AC: Ja, man kann sehr viel Privates reinbringen. Das fällt nicht so auf, weil’s einfach zur Rolle passt. Und weil es sehr viele Momente gibt, in denen man nicht so im Fokus steht und einfach wirklich frei miteinander spielen kann.

Wieviel Rumpelteazer steckt denn in dir, Anna Carina?

AC: Ich bin auf jeden Fall auch sehr frech. Und Rumpelteazer lacht viel – manchmal auch in Situationen, wo’s gar nicht passt. Das passiert mir manchmal.

Und wie ist das mit der Schadenfreude? Die beiden sind ja keine lieben Kätzchen…

AC: Naja, so wirklich bös sind sie auch nicht.

A: Die sind harmlos…

AC: Die machen halt gern ein bißchen Stress, aber die sind auch gar nicht so unbeliebt im ganzen Tribe – im Gegensatz zu Macavity, den einfach niemand leiden kann, weil sie Angst haben vor ihm.

Ihr habt für die Premiere auch mit Original-Regisseur Trevor Nunn gearbeitet. Wie war das?

A: Das war spannend, weil es noch einmal eine ganz neue Perspektive eingebracht hat, weil er ja wirklich damals mit dabei war, als dieses ganze Stück aufgebaut wurde.

AC: Bei uns dreht sich natürlich alle um unsere Auftritts-Nummer mit den Rädern – die auch jeder kennt. Dazu hat er uns wenig gesagt, weil der Song sehr detailliert choreographiert ist und da gibt es wenig Spielraum. Aber wir sind auch oft nicht so im Fokus und da gibt es viel an den Charakteren zu erforschen. Er hat uns extrem viel Freiheiten gelassen – aber dort, wo es ihm wichtig war, war er dann sehr, sehr spezifisch und detailgenau.

Was mögt ihr an der Arbeit mit dem jeweils anderen am liebsten?

A: Das Schöne ist: Mit Anna Carina fühlt es sich nicht wie Arbeit an. Wir haben extrem viel Spaß mit der ganzen Show – und wenn wir backstage sind, bleiben wir eigentlich in unseren Charakteren und lachen weiter…

AC: Wir spüren einander sehr auf der Bühne. Das war von Anfang an so. Aber das ist manchmal ein sehr schmaler Grat: Wenn er hinter mir ist und ich ihn nicht sehe, merke ich trotzdem ganz genau, was gerade mit ihm passiert. Und wenn da etwas Lustiges ist… Sagen wir so: Es ist für mich unmöglich, diese Energie nicht anzunehmen. Das bringt uns manchmal ins Verderben! Wenn du versuchst, dir das Lachen zu verkneifen, während du tanzt – das ist tödlich. Aber im Grunde profitieren wir mehr von dieser Energieübertragung zwischen uns als dass sie uns schadet – auch wenn’s manchmal Kraft kostet ist, nicht los zu prusten.

Wer ist denn mehr gefährdet, einen Lachkrampf zu kriegen?

A: Keiner. Beide. Wenn einer von uns einen Lachkrampf kriegt, kriegt der andere ihn auch. Insofern sind wir ungefähr gleich gefährdet. Ich glaub, es gibt auch nur wenige Momente im Stück, wo das wirklich nicht ok wäre. Sonst geht’s fast immer. Man kann’s im Endeffekt immer der Rolle zuschieben.

AC: Und wir haben natürlich Respekt vor dem roten Faden im Stück und vor den Szenen der Kollegen… Aber in unseren eigenen Szenen kann man das tatsächlich auch gut verwenden. Das geht sich voll aus.

Choreografischer Feinschliff vor dem Auftritt: Gemeinsames Warm-up für ­Körper und ­Stimme, dazu ­Corona-Tests, ­Make-up und ­Kostüm. Rund fünf ­Stunden sind die Darsteller allabendlich im Theater.

Foto: Rolf Bock

Cats ist konditionell sehr anstrengend. Wie war das, nach der Pause wieder in die Routine zu kommen?

A: Das war hart. Man vergisst ein bisschen, wie anstrengend das ist, wenn man’s längere Zeit nicht gemacht hat. Man denkt „Ok, Cats…war schon anstrengend, aber kriegt man irgendwie hin“ – und dann kommt man zurück und es ist erst mal wieder ein Schock.

AC: Im Lockdown hat sich mein Körper sehr erholt. Kleine Verletzungen sind jetzt wieder geheilt. Und es ist fast schwieriger, sich mit einem komplett gesunden Körper wieder auf so etwas einzulassen. Das tut viel mehr weh, als wenn man eh permanent ein bißchen lädiert ist, weil dann der Unterschied nicht mehr so groß ist. Wenn man so gesund reinkommt, kostet es psychisch viel mehr Überwindung.

Wie viele Stunden trainiert ihr am Tag?

AC: Wir haben immer ca. 20 Minuten körperliches Warm-Up als Gruppe mit unserem Dance Captain. Und dann noch ein Stimm-Warm-Up.

A: Insgesamt sind wir an Spieltagen 5 Stunden im Theater. Zusätzlich trainieren wir als Ensemble nicht. Das muss dann jeder selber machen.

Wobei fiel es schwerer wieder in die Routine zu kommen – tanzen oder singen?

AC: Die Kombination. Das ist der Killer. Ich merke das immer bei unserer Nummer und beim Opening: Wenn das Singen dazu kommt, dann ist es noch mal um so viel herausfordernder. Der Ball – das ist die große Tanznummer vor der Pause – ist zwar extrem anstrengend, weil’s so lang ist, aber du kannst währenddessen voll atmen, du kannst Geräusche machen. Das geht halt nicht, wenn du singen musst…

A: Viele unterschätzen das Singen auch ein bisschen, wenn sie an Cats denken, weil es so eine Tanz-lastige Show ist. Aber gerade für einen Sopran und einen Tenor ist die Partitur extrem hoch. Und jede Nummer ist mit Bewegung und Gesang.

Was ändert sich denn für euch durch die Corona Maßnahmen? Macht es für euch einen großen Unterschied, dass ihr nicht mehr ins Publikum dürft?

AC: Wir haben eine super Version gefunden. So dass es für jemanden, der es nicht kennt, nicht auffällt. Das lässt sich sehr gut lösen. Ich finde es aber sehr schade, dass mir nun der direkte Kontakt zu den Menschen fehlt, da der Abstand zwischen Publikum und Bühne vergrößert wurde.

Wenn du Cats spielst, ist das so weit weg von deiner eigenen Person, weil du ja nicht einmal ein Mensch bist – und dadurch kann man sich umso mehr einlassen auf diese Interaktion. Man hat mit den Leuten intensiven Blickkontakt, man kann viel ausprobieren. Das fehlt mir. Das liegt aber auch daran, dass ich so schlechte sehe und keine Kontaktlinsen vertrage – deshalb macht das für mich einen Riesenunterschied, wie nahe jemand sitzt. Aber so ist das halt jetzt. Wenigstens können wir spielen!

A: Das Haus hat wirklich ein gutes Schutzkonzept. Es muss sich keiner fürchten, sich das Stück anzuschauen – das ist richtig gut erarbeitet worden. Wir haben regelmäßig Corona-Tests. Die Backstage Crew ist nur mit Maske unterwegs, die Techniker halten sich auch nicht mehr im Bühnenbereich auf, wenn es nicht wirklich notwendig ist. Auf der Bühne müssen wir natürlich miteinander interagieren, aber sonst findet mit anderen Leuten im Haus überhaupt kein Kontakt statt. Wenn der Lift kommt und es sind schon zu viele Leute drin, dann musst du halt auch mal fünf Stock zu Fuß hinauf gehen…

Habt ihr selber Katzen?

A: Ich nicht. Ich bin allergisch.

AC: Ich hab seit kurzem zwei.

Wie sehr sind deine Katzen Mungojerry und Rumpleteazer?

AC: Abgesehen davon, dass es zwei Buben sind: Komplett genau so! Man kann sich da tatsächlich was abschauen für die Rolle. Auch wenn das blöd klingt, aber es ist so.

Zur Person: Andrea Luca Cotti

Alter: 26 Jahre 
Wohnort: Schweiz
Feliner Beziehungsstatus: Katzenallergie
Studierte Musical an der an der Joop van den Ende Academy in Hamburg und Modern Dance bei Jonathan Huor. Zu seinen Engagements zählen Rollen in „­Godspell“, „Saturday Night Fever“, „Mary Poppins“ und „Tanz der Vampire“.

Zur Person: Anna Carina Buchegger

Alter: 31 Jahre 
Wohnort: NÖ 
Feliner Beziehungsstatus: 2 Katzen
Absolvierte ihre Ausbildung an der Performing Academy in Wien. Es folgten Engagements u. a. in „Das Phantom der Oper“, „Flashdance“, „Natürlich blond“, „Don Camillo & Peppone“ und „I am from Austria“. Mit Andrea Luca Cotti stand sie schon 2016 gemeinsam auf der Bühne in Frank Wildhorns „Artus – Excalibur“.

Termine und Karten

Cats, seit 24. September, 19.30 Uhr im Wiener Ronacher

musicalvienna.at

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