Lampenfieber führte ihn zum Gesang

Was einigermaßen paradox klingt, trifft bei Alexandre Beuchat tatsächlich zu. Der in Courtételle, Schweiz, geborene Bariton begann mit fünf, Geige zu spielen, trat später als Bassist in Rockbands auf, lernte Gitarre und nahm Unterricht für Chorleitung. „Mir war immer klar, dass ich Musiker werden wollte.“

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Von Singen war allerdings keine Rede. „Als ich mein Geigenstudium bereits angefangen hatte, meinte ein Lehrer, der mich im Dirigieren unterrichtete, ich soll doch einmal Stunden bei einer Gesangslehrerin nehmen, das könnte sich für mich lohnen.“ Der junge Violinist tat, wie ihm empfohlen, „und wusste sofort, dass Gesang das Richtige für mich ist“. Die Aufnahmeprüfung an der Hochschule Luzern war für ihn nur noch eine Frage der Zeit.

„Beim Geigespielen hatte ich immer ein furchtbares Lampenfieber. Dadurch konnte ich vor Publikum eigentlich nie das zeigen, was ich wirklich konnte. Das Singen war für mich eine solche Erleichterung und Befreiung, denn plötzlich konnte ich auf der Bühne bedingungslose Freude empfinden. Das war jenes Mittel, nach dem ich unbewusst gesucht hatte.“ Erstaunlich.

Alexandre Beuchat: Das Patriarchat hat ausgedient
Dauerbrenner. 1989 von Marco Arturo Marelli in Szene gesetzt und 2012 einem Fein- tuning unterzogen, zählt „Die Hochzeit des Figaro“ zu den Kernstücken der Volksoper. Im Bild: Kristiane Kaiser & Günter Haumer.

Foto: Barbara Pálffy/Volksoper

Drei Meilensteine – bis dato

So kam unmittelbar nach dem Ende seines Studiums in Luzern auch Wien in den Genuss des in vielen Klangfarben leuchtenden Baritons.

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Alexandre Beuchat wechselte nach einer Spielzeit am Luzerner Theater als Stipendiat der Czerwenka Privatstiftung 2016 an die Volksoper Wien und blieb dieser bis heute treu. Hier hat er, dessen Muttersprache Französisch ist, überraschenderweise sein Deutsch perfektioniert. „Ich habe in der Schule mit Hochdeutsch begonnen und war grottenschlecht. Dieser trockene Zugang war nichts für mich. Das österreichische Deutsch in Wien hat mir so richtig gut gefallen. Ich meine das ernst. Es hat eine Leichtigkeit, es ist freundlicher, es entspricht viel mehr mir. Damit kann ich mich ausdrücken.“

Zur Person: Alexandre Beuchat

Gesangsstudium an der Hochschule Luzern, das er 2016 abschloss. Im selben Jahr wurde er Ensemblemitglied an der Volksoper Wien, wo er u. a. als Cascada in „Die lustige Witwe“, Fiorillo in „Der Barbier von Sevilla“, Dr. Falke in „Die Fledermaus“, Papageno in „Die Zauberflöte“ und Freddy Eynsford-Hill in „My Fair Lady“ zu erleben war. Ab April gibt er Graf Almaviva in der Wiederaufnahme von „Die Hochzeit des Figaro“.

Er singt an der Volksoper auch Operette und Musical. Von Berührungsängsten hält er nichts. „In nur eine sehr eng definierte Richtung zu gehen ist in der Welt der heutigen Oper, wo spezifische Sänger für spezifische Rollen gesucht werden, vielleicht praktisch. Aber ich finde es schade und einseitig. Gesang lebt nicht nur von Oper, Operette und Musical, sondern auch von Lied und Oratorium, man kann sich beim einen für das andere inspirieren lassen. Man kann in verschiedene Richtungen wachsen, ohne sich selber in eine enge Schublade zu verräumen.“

So nennt er auch Dr. Falke in „Die Fledermaus“, Papageno in „Die Zauber- flöte“ und Graf Danilo in „Die lustige Witwe“ als bisherige Meilensteine seiner Gesangslaufbahn an der Volksoper Wien, wo er heuer zudem als Sänger in Martin Schläpfers Ballett „Ein Deutsches Requiem“ auftreten durfte.

Komplexes Verwirrspiel

Am 11.April feiert Alexandre Beuchat nun Premiere als Graf Almaviva in der Wiederaufnahme von „Die Hochzeit des Figaro“. „Ich habe mich schon länger damit befasst, denn es ist meine Lieblingsoper“, beantwortet er lachend die Frage, wie viel Zeit er benötigt habe, die sich überschlagende Handlung zu verstehen. Die Figur des Almaviva findet er höchst aktuell. „Das ist ein Mensch, der in eine Zeit investiert, die es gar nicht mehr gibt, der festhalten will, was vorüber ist. Er kämpft völlig umsonst um seine Position und Macht. Das ist letztendlich tragisch. Ich denke nicht, dass er ein Bösewicht ist, vielmehr ist er überfordert und zukunftsängstlich.“ Alexandre Beuchat sieht darin auch eine Parallele zu dem im Sterben liegenden Patriarchat.

Dass er jung ist, sei im Fach des Kavalierbaritons kein Nachteil. „Für Bässe ist das problematischer, die müssen sich meist auf alt schminken lassen.“ Seine Stimme hält er übrigens auch mit gutem Essen fit, das er gern selber kocht. Bevorzugt französisch ... Bien sûr!

Zu den Spielterminen von „Die Hochzeit des Figaro“ in der Volksoper Wien!