Die schönsten Leuchten und Installationen – Designobjekte oder doch schon Kunst?
Himmel und Natur scheinen die besten Inspirationsquellen zu sein, wenn es um die Gestaltung von Licht geht. Ein kleiner Streifzug zu den Lichtobjekten und Installationen, die nicht nur Räume erhellen: Von der wohl heißesten Tageslichtlampe bis zur von Johnnie Walker inspirierten Leuchte.
Wann wird eine Lichtquelle eigentlich zum Lichtobjekt? Die Frage klingt profan, so richtig simpel ist sie aber nicht. Grundsätzlich (und stark vereinfacht) lässt sich allerdings sagen, dass ein Lichtobjekt ein künstlerisch gestaltetes Objekt ist, das Licht als Medium und zum wesentlichen Bestandteil seiner Darstellung nutzt. Lichtobjekte integrieren also Kunst, Design und modernste Technik, um mehr zu sein als einfache Lichtquellen, die bloß Räume ausleuchten.
Here comes the sun
Das kann dann, wie die beiden Designer Nat Martin und Sean Hammett eindrucksvoll beweisen, auch in Gefilde führen, die man nicht sofort am Zettel hat. Das Duo, es kennt sich vom Designstudium am renommierten Londoner Saint Martins College, hat das Prinzip der Tageslichtlampen, die an langen, dunklen Wintertagen saisonal abhängige Depressionen (SAD) verhindern sollen, weitergedreht.
Dabei wollten die beiden aber weniger SAD-Patient:innen und bestehende SAD-Beleuchtung verbessern. »Wir versuchten, ein Licht zu entwickeln, das das Gefühl eines schönen sonnigen Tages erzeugt und so allen Menschen zugutekommt«, so die Kreativen. »Sunday Light« heißt das Resultat, bei dem eine winzige Hochleistungs-LED, eingebaut in einen Metallarm, nach oben auf eine an der Decke montierte Reflektorplatte projiziert wird. Die Platte, an der technisch lange getüftelt wurde, trägt zur Streuung des Lichts bei. Und zwar so, dass ein Effekt entsteht, der dem der Erdatmosphäre so ähnlich ist, dass die Platte himmelblau erscheint, wenn das Licht an ist. Das erzeugt ein angenehmes, natürliches Ambiente. Martin und Hammett glauben jedenfalls fest an den Erfolg ihrer Kreation, die rund 9.500 Euro kostet, und haben bereits ihr eigenes Unternehmen gegründet, um die Wunderlampe, die eben auch als sehr gewitzter Versuch, die Natur und natürliche Lichtverhältnisse nachzuahmen, verstanden werden kann, zu vertreiben.
Insekten und Lichtregen
Gewitzt mit der Natur geht auch das heimische Designduo mischer’traxler um. Katharina Mischer und Thomas Traxler kreierten bereits vor einiger Zeit den Kronleuchter »nocturnal cloud«, der in 32 Glühbirnen scheinbar echte Insekten gefangen hält. Die Tierchen, allesamt nachtaktiven Insekten nachempfunden, wurden aufwendig in Handarbeit hergestellt. Nähert man sich dem Objekt, beginnen sich die Insekten zu bewegen, zu leuchten und schwirren wie wild in der Glühbirne herum. Dabei erzeugt der technisch hochkomplexe Leuchtkörper auch noch ein Geräusch und verwandelt die unmittelbare Umgebung in eine Klanglandschaft. Licht wird so – im weitesten Sinne – hörbar gemacht, die Grenzen zwischen Designobjekt und Kunstinstallation verschwimmen.
Retrocharmantes Statement für Nachhaltigkeit
Ein Zugang, der auch Claudine Gévry nicht fremd ist. Die Frankokanadierin kommt eigentlich aus der bildenden Kunst und ist im weiten Feld der Malerei, Bildhauerei und Illustration zu Hause. »Ich bin fasziniert von Schatten, Spiegelungen und der Vergänglichkeit der Dinge. Die Zerbrechlichkeit der Natur und ihre Fähigkeit, sich an verschiedene Umstände anzupassen, gehören zu den Themen, die meine Arbeit nähren«, erzählte sie einmal in einem Interview. Beste Voraussetzungen, um ein bisschen mit Licht zu experimentieren. Wie sich das in der Praxis auswächst, demonstriert sie eindrucksvoll mit dem Lichtobjekt »Light Rain«. Die Glühbirnen, die dafür scheinbar vom Plafond runtertropfen, wurden auf Recyclinghöfen gesucht und gefunden. Sie wurden allesamt aussortiert, da sie nicht recycelbar waren. Sie wären auf Mülldeponien gelandet und für immer verloren gewesen. Gévry hat sie gerettet und zu einer Lusterinstallation verarbeitet. Sie leuchten zwar nicht, strahlen aber in neuem altem Glanz zwischen den funktionierenden LED-Lampen der Gegenwart und werden so zu einem retrocharmanten Statement für Nachhaltigkeit, aber auch für Vergänglichkeit.
Illuminiert
Keinen Zweifel mehr am Installationscharakter seines Objekts lässt das britische Künstler:innenkollektiv Marshmallow Laser Feast, das heuer am London Design Festival unter Schirmherrschaft von Johnnie Walker die Grenzen zwischen Design, Kunst und Marketing auflöste. Im »The Old Selfridges Hotel« wurden Hunderte mundgeblasene Glastropfen so angeordnet, dass sie scheinbar in der Luft schweben. Nicht wenige der Tropfen erinnern dabei an eine neue Johnnie-Walker-Flasche, die kürzlich am Markt eingeführt wurde. Mit lediglich 180 Gramm soll sie die leichteste Whiskyflasche der Welt sein. So oder so: Das Spiel aus Licht und Schatten, das zudem musikalisch unterlegt wurde, geriet zu einem eindringlichen und dynamischen Erlebnis. Man lernt: Ob als zartes Echo des Sonnenlichts, poetische Inszenierung der Natur oder als dynamische Installation – Licht ist nicht nur Mittel zum Zweck, sondern eine Ausdrucksform, die im besten Fall Räume in erhellende Erzählungen verwandelt.