Die Passionswege der Vienna Design Week 2024
Die Passionswege sind so etwas wie das Herzstück der VIENNA DESIGN WEEK. Heuer zeigen zwei spannende Kooperationen, wie die perfekte Balance zwischen traditionellem Handwerk und Design gefunden wird. Wir waren auf Werkstattbesuch.
Damit traditionelles Handwerk nicht zur musealen Kunst verkommt, braucht es aktiven und regen Austausch mit der Gegenwart. Die Balance zwischen Verwurzelung und Lebendigkeit, wenn man so will. Ein Ziel, das die VIENNA DESIGN WEEK seit Gründungstagen mit den Passionswegen verfolgt. Mit Unterstützung des WienTourismus werden unter dem renommierten Label »Passionswege« internationale und heimische Designer:innen mit Wiener Handwerksbetrieben zusammengebracht. Bei jeder Festivalausgabe werden neue Kreativpartnerschaften geschmiedet. Dieses Jahr schickt das Kuratorenteam Gabriel Roland und Laura Winkler zwei Teams an den Start. Flora Lechner, einer der vielversprechendsten österreichischen Designexporte, die in den Niederlanden lebt und arbeitet, taucht in die Welt von Lobmeyr ein, während der Pariser Designer Alexandre Delasalle mit der letzten Kupferdruckerin Wiens, Kirsten Lubach, zusammenarbeitet. Gemeinsam beschreiten die zwei Paare nun neue Wege zwischen den Generationen und Disziplinen.
Lobmeyr zwischen zeitgenössischem Design & Tradition
Der traditionsreiche Kristallverleger Lobmeyr bestreitet mittlerweile zum 15. Mal die Passionswege und lädt in seine Werkstätten ein. Die verstecken sich in einem ruhigen grünen Innenhof, verborgen hinter einem Biedermeiertor in der Salisianergasse. Es ist ein magischer Ort. Hier funkeln Kristallluster, die auf ihren letzten Schliff und großen Auftritt warten. Und obwohl die Archive und Lager voller Geschichte sind: Verstaubt ist hier gar nichts, denn mit großem Respekt vor der Vergangenheit wird emsig an Produkten für die Gegenwart gearbeitet. Die Verbindung von jungem Design und traditionellem Handwerk gehört nämlich für Lobmeyr zum Alltag. Seit der Gründung 1823 arbeitet das Familienunternehmen mit namhaften Designer:innen wie Hansen, Loos, Hoffmann und Sagmeister zusammen. Lechner hat sich zum Ziel gesetzt, das schwebende Gebilde eines Mobiles in einen Kristallluster zu übertragen. Durch die Lichtbrechung soll das Luster-Mobile dann in vollem Glanz erstrahlen. Die Handwerker:innen von Lobmeyr können dabei die Anzahl der Kristalle individuell wählen. Eine Vorlage und Vorgabe gibt es nicht. Jedes Stück ist einzigartig.
Von Mecha-Manga-Insekten & Kupferdruck
Kirsten Lubach hat sich ihre Werkstatt in der Ungargasse eingerichtet. Als sie 2021 das Erbe des Wiener Kupferdruckers Wolfgang Schön angetreten ist und dessen Maschinen übernommen hat, hat sie sich hier ihr Kupferstich- und Druckatelier eingerichtet. Sie ist Wiens letzte Kupferstecherin und arbeitet für Firmen, Privatkund:innen, aber auch die Post und die Staatsdruckerei. Gemeinsam mit Alexandre Delasalle schafft sie gerade eine aufwendige Installation für die Passionswege. Der französische Designer kombiniert dafür klassische Rocaille-Ornamente mit modernen Elementen wie typografischen Schnörkeln, Mecha-Manga-Insekten und Werbefotografien, die Lubach anschließend in präziser Handarbeit auf Kupferplatten überträgt. Diese Symbiose aus hoch spezialisiertem Handwerk und konzeptueller Gestaltung schafft betörende neue, detailreiche Bildwelten. Und sie zeigen einmal mehr, wie tradiertes Handwerk weiterentwickelt wird: mit frischen Blickwinkeln, kreativen Zugängen und kunstfertigen Umsetzungen. So entstehen kreative Dialoge und Installationen, die unerwartete Einblicke in Werkstätten und Produktionsprozesse liefern.
INFO: Die beiden Passionswege-Projekte sind von 20.-29. 9. zu sehen. Öffnungszeiten, Adressen und weitere Informationen gibt es unter: viennadesignweek.at/passionswege