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Ulrich Huber und Steffi Graber (c) Armin Kuprian

Almut von Wildheim über nachhaltiges Lichtdesign: »Es ist kein Trend, es ist ein Wert«

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Licht Spezial

Leuchten aus gewalkter Wolle vom Tiroler Bergschaf? Die Idee, die Natur zuhause erstrahlen zu lassen, hat die beiden Tiroler Ulrich Huber und Steffi Graber zu ihrem Label inspiriert – eine Marke, die heute über die Landesgrenzen hinaus für nachhaltiges Lichtdesign steht. Worauf das Duo Wert legt und wie ihre Leuchten das Raumklima beeinflussen, erzählen die beiden Kreativen im Interview.

Die imposanten Berge Tirols sind ihre Inspiration, die verschiedenen Naturmaterialien, die man hier entdecken kann, ihre kreative Quelle. Mit viel Leidenschaft und Liebe zum Handwerk entwerfen und produzieren Ulrich Huber, 42, und Steffi Graber, 37, die Masterminds hinter ALMUT von Wildheim, seit sieben Jahren ganz besonders leuchtende Designlinien. All ihre Lampen sind aus regionalen Naturmaterialien gefertigt, die von Hand präzise verarbeitet wurden, darunter Holz, Merino-Wollfilz und Stein, aber auch Kork oder gar Heu und Almblüten. So bleiben die natürlichen Eigenschaften erhalten – und das sieht, fühlt und riecht man. Doch es braucht Zeit, bis aus den natürlichen Materialien eine echte ALMUT entsteht.

Denn Kreativität allein ist nicht alles. Es gilt, den strengen Qualitätskriterien im Bereich des nachhaltigen Designs zu entsprechen sowie länderspezifische technische Details zu berücksichtigen und dabei immer wieder neue Möglichkeiten zu entdecken und sprichwörtlich in Form zu bringen. Fest steht: Nachhaltigkeit ist für Ulrich und Steffi nicht bloß ein Trend, sondern ein Wert. »Sie ist schlichtweg die Grundlage für unser Tun.«

Natürliche Mitbewohnerin

LIVING: ALMUT von Wildheim – ein spannender Name für nachhaltiges Lichtdesign. Woher kommt er? Oder: Wie wild ist Almut?

Ulrich Huber: Ich sage nur, es ist damals viel Wein geflossen …

Steffi Graber (lacht): Es war ein Kreativprozess, wie fast alles bei uns. Im Fokus der Namensfindung standen Naturmaterialien von der Alm, wie beispielsweise Heu, und das ganze Projekt hat Mut erfordert. Wildwachsendes und das Thema Heimat spiegeln sich im zweiten Namensteil wider.

Ulrich Huber: Außerdem bedeutet Almut im Altdeutschen »edle Gesinnung«, und das passt sehr gut zu unserer Philosophie.

Was macht eine ALMUT so besonders?

Steffi Graber: Mit einer ALMUT-Leuchte holt man sich nicht nur nachhaltiges Lichtdesign nach Hause, sondern auch eine natürliche Mitbewohnerin für den Rest des Lebens.

Wie ist das zu verstehen? Klingt ganz nach einer Liebesromanze

Ulrich Huber: So ähnlich ist es auch. Eine emotionale Beziehung, obwohl es nur ein Ding ist. Wir wollten die Funktion »Leuchte macht Licht« in einen kulturellen Kontext bringen. Denn auch das ist nachhaltig und es macht was mit den Menschen.

Worum geht es da genau?

Ulrich Huber: Wir implementieren ausschließlich natürliche Materialien aus der Heimat, verwenden also nur lokale Rohstoffe aus dem Alpenraum und nicht etwa Bambus aus China. Wir schauen uns unsere Lieferanten genau an, fördern das traditionelle Handwerk, wie zum Beispiel die Tischlerei und Wollverarbeitung von Hand, und produzieren im engen Umfeld, das heißt in Tirol und Südtirol, teils auch in geschützten Werkstätten. Die Nachhaltigkeit umfasst aus unserer Sicht nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und sozialkulturelle Aspekte.

Und wie weit geht Nachhaltigkeit für euch?

Steffi Graber: Weit und sicher weiter als bei vielen anderen Lichtdesigner:innen und -hersteller:innen. Unsere Leuchten aus gewalkter Wolle etwa – sie kommt vom Tiroler Bergschaf – kann man sogar auf den Kompost geben. Wir verzichten auf herkömmliche Klebstoffe und setzen lieber auf Stecksysteme, die oft erst im Zuge der Designentwicklung entstehen. Wir schöpfen hier auch im Sinne der Zirkularität alles aus, was derzeit rechtlich möglich ist.

Warum habt ihr euch ausgerechnet dem Lichtdesign verschrieben?

Steffi Graber: Ursprünglich kommen wir beide aus dem Tourismusbereich, wo wir bereits zusammengearbeitet haben. Irgendwann fassten wir den Entschluss – damals waren wir noch zu dritt –, uns mit etwas ganz anderem, etwas für uns alle Neuem zu beschäftigen. Das Einzige, was klar war, war, dass es einen engen Bezug zur Natur haben muss. Wir gaben uns 365 Tage Zeit, um ein marktreifes Produkt zu entwickeln. Dann fingen wir an, uns mit regionalen Naturmaterialien zu beschäftigen. Merino-Wollfilz fand ich zum Beispiel ganz spannend. Es war faszinierend, was das Material mit der Raumatmosphäre macht, wie es sich
auf Akustik auswirkt. Und irgendwann wurde daraus ein Lampenschirm.

Ulrich Huber: Beim Design-und Entwicklungsprozess gehört immer auch »trial and error« dazu. Und es braucht viel technisches Know-how,
gerade beim Lichtdesign. Als die ersten Anfragen aus Spanien und Frankreich kamen, schlossen wir uns aufgrund der unterschied­lichen länderspezifischen An­forderungen mit Planlicht, unserem strategischen Partner, zusammen, der hier über eine profunde Expertise verfügt. Hängeleuchten, Tischlampen, Spots, Steh- und Wandleuchten bis hin zur kreativ verspielten Beleuchtung im Kinderzimmer – alles aus Naturmaterialien aus dem Alpenraum.

Wohin geht die wilde Designreise als Nächstes?

Ulrich Huber: Yeah, it’s organic. Alles Weitere wäre jetzt ein Spoiler …

Zumindest ein kleiner Vorgeschmack?

Ulrich Huber: Wir werden künftig auch verstärkt mit der Gastronomie und Hotellerie zusammenarbeiten. Eines der Projekte widmet sich dem Thema Raumklima-Optimierung, also hinsichtlich Licht, Luft und Akustik. Wenn diese drei Komponenten ideal aufeinander abgestimmt sind, hat es eine höchst positive Auswirkung auf den Menschen – er ist produktiver, fühlt sich wohler, kann besser entspannen und schlafen. Die Materialien, mit denen wir arbeiten, neutralisieren zum Beispiel Gerüche, regulieren die Luftfeuchtigkeit und verbessern die Akustik im Raum.

Steffi Graber: Außerdem werden wir in Kooperation mit einigen Hotels den Ansatz Re-Use statt Wegwerfen verfolgen. Beispielsweise bei alten Tischleuchten, deren Metallständer erhalten bleiben: Die Technik, also Schalter und Kabel, wird ausgetauscht und die Schirme werden neu designt. So werden Produktzyklen verlängert – auch ein wesentlicher Teil der Nachhaltigkeit.

Gibt es etwas, was ihr anderen Jungdesigner:innen oder kreativen Unternehmer:innen mit auf den Weg geben wollt?

Ulrich Huber: Es gibt anfangs viele Learnings, die man durchmacht, aber jedes bringt einen weiter. Es ist wichtig, sich Schritt für Schritt zu fokussieren und auch im Designprozess ein gutes Zielgruppenverständnis zu entwickeln.

Steffi Graber: Und: Never say never. Wir sind ein lebender Beweis dafür, dass man es schafft, wenn man von einer Sache beseelt ist.

Erschienen in
LIVING 08/2024

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Susanna Pikhart
Autor
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