Irgendwas mit Wagner? Der Begriff „Heldentenor“ wird meist mit dem 1883 verstorbenen Komponisten in Verbindung gebracht. Das ist auch alles andere als verkehrt, denn bei Heldentenören handelt es sich um Tenorstimmen, die sich mit aufgrund ihres außergewöhnlichen Volumens und ihrer Durchschlagskraft besonders für die großen Wagner-Partien eignen. Heldentenöre verfügen über reiche, dunkle, kraftvolle und dramatische Stimmen, in der Regel müssen sie sehr groß besetzte und aufwändig instrumentierte Orchester übertönen können.

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Nicht wenige Heldentenöre begannen ihre Karrieren als Baritone – unter anderem der berühmte Heldentenor Lauritz Melchior, dessen einzigartige Karriere als Wagner-Interpret am 14. Mai 1924 in Covent Garden in London in der Rolle des Siegmund in der „Walküre“ begann. Als einer der ersten Heldentenöre im heutigen Sinn gilt Josef Tichatschek, der bei den jeweiligen Uraufführungen die Titelrollen von Wagners „Rienzi“ und „Tannhäuser“ sang.

Harte Schale, weicher Kern

Das Kernstück des Repertoires des Heldentenors ist vermutlich Wagners Siegfried, eine äußerst anspruchsvolle Rolle, die einen großen Stimmumfang und große Kraft sowie eine enorme Ausdauer erfordert. Auch die Titelrolle in „Tannhäuser“ gehört dazu, außerdem jene des Tristan in „Tristan und Isolde“. Darüber hinaus sind auch die Titelrollen in Benjamin Brittens „Peter Grimes“ und in Giuseppe Verdis „Otello“ ebenjenem Stimmfach zuzuordnen. Auf die Frage, welche Heldentenor-Rolle er als vollkommen erachtet, antwortet der berühmte Heldentenor Andreas Schager folgendermaßen: „Eine schwierige Frage. Tristan hat so viele gesangliche Anforderungen – vor allem im dritten Akt. Also wenn ich so im Denken rede, dann ist es vielleicht der Tristan.“

Eine der wichtigsten Angeberstellen für Heldentenöre ist Siegmunds Monolog im ersten Akt der „Walküre“. Er gerät in eine schwierige Situation und ruft verzweifelt den Namen seines verschollenen Vaters Wälse. Mit der Zeit ist ein inoffizieller Wettbewerb entstanden, welcher Sänger diese beiden „Wälse“-Rufe besonders lange aushalten kann. Als Rekordhalter gilt der bereits erwähnte Tenor Lauritz Melchior, dem es gelang, den Ton 16 bis 17 Sekunden lang zu halten.

BR Klassik nähert sich dem Begriff auf folgende Weise: „Kühn und abgebrüht ist er, naturverbunden, er kann sich prächtig alleine durchschlagen, zieht sein Schwert so lässig, als wäre es ein Colt. Ein 'Haudegen' ist er trotzdem nicht, obwohl der auch mit einem 'H' anfängt. Auf ihn trifft eher zu: Harte Schale, weicher Kern. Das merkt man daran, dass Wagner den Typen hoch und butterweich flöten lässt, sobald eine Frau ins Spiel kommt.“

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