„Das dümmste Libretto aller Zeiten“. So bezeichnete einst ein international bekannter Sänger die Handlung von „Così fan tutte“. Und tatsächlich: Die Schwestern Dorabella und Fiordiligi sind verliebt in die Offiziere Ferrando und Guglielmo, die sich der Treue ihrer Angebeteten sicher sind. Der zynische Don Alfonso wettet jedoch darauf, dass auch Dorabella und Fiordiligi sexuell flexibel und offen für Neues wären. Die jungen Herren verkleiden sich also als fremdländische Adelige, umschwärmen die Geliebte des jeweils anderen – und werden tatsächlich erhört.

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So weit, so unglaubwürdig. Ob der Musik Mozarts wurde „Così fan tutte“ nach anfänglicher Ablehnung aber doch noch zum bis heute anhaltenden Erfolg. In der Neuinszenierung des Opernstudios durch dessen Leiter Maurice Lenhard übernimmt Kamila Dutkowska den Part der Fiordiligi, und Maria Hegele gibt Dorabella.

Spiel, Satz und Sieg

„In unserer Version sind Fiordiligi, Dora­bella, Guglielmo und Ferrando reiche Kids, die Mitglieder eines Tennisclubs sind, der Don Alfonso gehört“, erklärt Kamila Dutkowska das zeitgemäße Konzept. „Und da man Tennis auch in gemischten Teams spielt, kann man die ‚alten‘ und die ‚neuen‘ Paare – denn wir tauschen unsere Partner ja – ganz leger über das Spiel einfließen lassen“, ergänzt Maria Hegele. Wobei sich der Großteil des Geschehens freilich nicht auf dem Court, sondern in der schicken Lounge des Clubs abspielt.

Auch wenn die beiden Schwestern den Schwindel zu keiner Zeit glauben, sondern Spaß daran haben, mitzuspielen, was die Einfalt des Librettos dankens­werterweise abmildert, sind sie zunächst weniger Rebellinnen als vielmehr angepasste Elite­wesen, die keinen Stress haben möchten. Doch dass aus dem frivolen Spiel schnell emotionaler Ernst wird, konnten auch die beiden nicht ahnen.

„Così fan tutte“ bedeutet „So machen es alle“ – gemeint ist damit, untreu zu werden. Welche Botschaft kann uns eine 234 Jahre alte Oper heute noch vermitteln? Kamila Dutkowska lacht. „Den Titel würde ich nicht sehr ernst nehmen. Was ich nach dem Studium der Partie aber mitnehme, ist das Loblied im Finale, wo es heißt: ‚Fortunato l’uom che prende ogni cosa pel buon verso‘, also ‚Glücklich sei der Mensch, der jede Sache von der guten Seite sieht‘. Das ist mein Merksatz für die Zukunft.“

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Cosi fan tutte

Foto: Philine Hofmann

Zur Person: Kamila Dutkowska

Die Tochter einer Mezzo­sopranistin aus Breslau studierte u. a. Barockgeige und Theaterwissenschaften, ehe sie zum Gesang wechselte. An der Volksoper war / ist sie u. a. als Gräfin Almaviva in „Le nozze di Figaro“, als Brigitte in „Jolanthe und der Nussknacker“, als Sklave in „Salome“ und ab 10. April als Bianca in „La rondine“ zu sehen.

Hoch. Tief. Lyrisch. Dramatisch.

Worin liegen die stimmlichen Herausforderungen? „Bei mir ist es die Vielseitigkeit der Arien“, so Maria Hegele. „Die erste Arie ‚Smanie implacabili‘ ist eher ein auskomponierter körperlicher Zusammenbruch, die Ausdrucksstärke verlangt. Die zweite Arie ist sehr leichtfüßig, neckisch und liegt höher, eher in Despinas Tessitura. Die Herausforderung liegt darin, diesen Arien – mit den zwei sehr unterschiedlichen Charakteren – einen wahrhaftigen Ausdruck zu geben, um die Sprunghaftigkeit der Rolle glaubwürdig darzustellen.“

Kamila Dutkowskas zweite Arie fiel einer Kürzung zum Opfer, dafür hat es Fiordiligis erste und sehr populäre Arie ‚Come scoglio‘ in sich. „Ein Mix aus sehr hohen und sehr tiefen Tönen. Die Koloraturen müssen zudem nicht nur lyrisch, sondern auch dramatisch sein. Für eine junge Sopranistin ist das heikel. Außerdem müssen wir einen Weg finden, einander gesanglich zu unterstützen und nicht gegeneinander zu singen, obwohl unsere Stimmfarben unterschiedlich sind.“

Maria Hegele würde sich selbst als Mozartsängerin bezeichnen. „Mozart hat eine in sich geschlossene logische musikalische Sprache. Auch sind einander Wort und Musik sehr nahe, sodass man seine Werke gut nachvollziehen kann. Zugleich kann man ihn psychologisch immer wieder anders deuten, was es spannend bleiben lässt.“

Kamila Dutkowska sieht sich nicht als Mozartspezialistin, auch wenn sie bereits die Contessa in „Le nozze di Figaro“ gesungen hat und aktuell ­Donna Anna studiert. „Aber ich kann sagen, dass Mozart Balsam für die Stimme ist. Es ist gesund, seine Musik zu singen, er war auch in dieser Hinsicht ein Genie. Er hatte die Gabe, selbst in großen Ensembles eine Harmonie zu erzeugen. Mozart bedeutet Frieden.“

Cosi fan tutte

Foto: Philine Hofmann

Zur Person: Maria Hegele

Geboren in Tettnang am Bodensee, studierte sie Gesang am Mozarteum Salzburg und am Royal ­College of Music in London. An der Volksoper war / ist sie u. a. als Ede in der „Dreigroschenoper“, als Hänsel in „Hänsel und Gretel“ und als Flora in „La traviata“ zu erleben. Gemeinsam mit der Pianistin Anna Szałucka veröffentlichte sie 2023 das CD-Projekt „Soliloquies“.