Katharina bat Chick Corea nach einem Konzert in Salzburg auf ihrer Jeansjacke zu signieren. Zarko hat das Plektrum von NOFX, weil es zufällig in der Falte seines Pullis landete. Susanne hat ein Autogramm von Romy Schneider bei einem Postkartenhändler gefunden. Michael ist stolz auf einen 20-Schillig-Schein. Dort hat Fettes Brot bei einem Geheimkonzert unterschrieben. Kurz bevor der Euro eingeführt wurde. Hinter diesen kleinen Dingen stecken große Erinnerungen. An einen legendären Abend, an eine besondere Darstellung. Was heute der Stick der Schlagzeugerin oder das Selfie mit dem Opernsänger ist, hieß früher einmal Künstlerandenken.

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Wiens Bühnenverliebtheit

Denn wie kaum eine andere Stadt lebte Wien eine Bühnenverliebtheit aus. „In den Zeitungen las man als allererstes die Feuilletonseiten. Was tut sich auf den Bühnen?, sagt Katrin Neuwirth, die die Ausstellung zum Thema Sammeln rund um den Theaterbetrieb für das Theatermusem kuratiert hat. Sie will auf die menschliche Seite der Stars hinweisen – auf die privaten Persönlichkeiten hinter dem Vorhang. A und P für Attila und Paula steht auf den goldumrandeten Gläsern des Künstlerpaars Hörbiger. Daneben berührend sieht man die Handabdrücke von Anna Bahr-Mildenberg und ihrem Mann Hermann Bahr. „Unser beider Hände" liest man darunter.

Es gibt den Uhranhänger von Ferdinand Raimund, einen Zahn von Charlotte Wolter und Zündholzbehälter aus Nestroystücken. Theaterbegeisterte sammelten nicht nur Autogramme und Eintrittskarten, sondern auch Fanartikel gab es schon.

Die Vielfalt reichte vom Spielkartenset und Trinkgläsern über Fächer bis hin zu kleinen Figürchen aus ein zuckerhaltiger Gummimasse, den Trabantfiguren, die oft Konfektschachteln schmückten. Zu sehen sind zahlreiche Schauspieler:innen in bestimmten Rollen - wie zum Beispiel Johann Fürst als „Pawliczek“ in „Ein Böhm in Amerika" von Bruno Zappert, erstaufgeführt in der Josefstadt 1881.

Aberglaube rund um Sessel

Zur Ausstellung begrüßt der sogenannte „Glückssessel“. Dieser Sitz mit der Nummer 192 stand in der 13. Reihe des Alten Burgtheaters am Michaelaplatz. Klammheimlich frönten Schauspieler:innen ihrem Aberglauben und setzten sich vor der Premiere darauf. Er wurde anlässlich des Abrisses des Theaterhauses ausgebaut. Bühnenbildner Gilbert Lehner nahm ihn als Andenken mit.

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Einige Male wechselte das Möbelstück seine Besitzer bis er 1968 ins Eigentum der ehemaligen Staatsopern-Tänzerin Riki Raab gelangte. Ihre Tochter Lieselotte Anton wiederum übernahm den Sessel für ihr Büro im Burgtheater. Sie forderte ihre Gäste stets auf, Platz zu nehmen und sich in das dazugehörige Sitzbüchel einzutragen.

Von Thomas Bernhard bis Paula Hörbiger

Besonders vor Premieren war der Glückssessel gern „besetzt“. Etwa von Thomas Bernhard oder Günter Walbeck, der schreibt: Selbst mit Fischbeinkorsett oder hoher Steh- und Uniformkragen lässt es sich auf diesem Sitz durchhalten. Paula Hörbiger fand ihn hart.

Eine Geduldsflasche, auch Eingericht genannt, aus dem Besitz von Hermann Bahr.

Foto: Wiener Theatermuseum

Feingespür für die Geduldsflasche

Den österreichischen Schriftsteller, Dramatiker sowie Theater- und Literaturkritiker Hermann Bahr lernt man als passionierten Raucher kennen. Sammlungsobjekte  wie der Zigarrenabschneider, das letzte Zigarrenfutteral, der lederne Tabakbeutel und die Pfeife zeugen davon.

Der Nachlass seiner Frau Anna Bahr Mildenburg erscheint übrigens besonders ergiebig und speziell. Unter den zahlreichen Künstlerandenken findet sich neben wertvollen Gebrauchsgegenständen wie dem Flaschenhalter oder der Schmuckschale, die Josef Hoffmann entworfen hatte, auch Ungewöhnliches, zum Beispiel eine Geduldsflasche, auch Eingericht genannt. Sie enthalten religiöse Szenen oder Motive aus dem Bergbau in Miniaturausführung. Mit viel Fingerspitzengefühl wurde die Szenerie in einer kleinen Flasche aufgebaut. Ein ähnliches Feingespür hat man für diese Ausstellungskonzeption bewiesen.

Zur Person: „Verehrt … begehrt … Theaterkult und Sammelleidenschaft"

Wiener Theatermuseum
bis 18. April 2021

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