Amoi geht’s noch. Das Programm der kommenden Josefstadt-Saison ist einfach ein Hit. Es scheint, als wolle Herbert Föttinger noch einmal allen zeigen, was er kann und warum ihn das Theaterpublikum so geliebt hat. Rein intellektuell weiß man, dass Direktoren nie allein agieren, aber man vergisst die Unsichtbaren im Hintergrund manchmal. Matthias Asboth ist so jemand.

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Er ist der Chefdramaturg des Hauses und damit eine der wesentlichsten Stützen des Föttinger-Erfolgs. Wir treffen ihn in seinem Büro im Theater. Asboth, gebürtiger Burgenländer, ist bestens vernetzt in der internationalen Theaterszene, hat viele spannende neue Autor*innen und Stücke ins Haus gebracht. Es ist auch seine letzte Saison. Wehmut, aber mehr noch Stolz spürt man, wenn er über das Theater spricht. Aber jetzt zurück zum Auftrag und zum neuen Programm.

Die schmutzigen Hände / Jean-Paul Sartre

„Es sollte immer eine politische Trilogie sein, aber das geplante Stück von Ibsen war nicht politisch. Es war die Zeit der Koalitionsverhandlungen, und so sind wir stattdessen auf Sartres Stück gekommen, in dem der Kopf einer Partei ermordet werden soll, weil er – anders als die Ideologen neben ihm – zu Kompromissen bereit ist, um an die Macht zu kommen.

Es geht um die Frage: Wie weit kann ich meiner Partei-Ideologie treu bleiben, wie viel muss ich davon aufgeben, um an die Macht zu kommen? Wir waren uns dann sehr schnell einig, Sartre zu spielen, weil wir hier im Theater auch die richtigen Schauspieler*innen haben, sie sind die perfekte Besetzung. Man kann also sagen: Der letzte Teil der Ibsen-Trilogie ist ein Sartre.“

Ab 4. September.

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Johanna Mahaffy
Johanna Mahaffy. Das Ausnahmetalent darf gleich bei der ersten Premiere ran – Sartres „Schmutzige Hände“. Und dann? Dann spielt sie sich quer durchs Programm. Wir freuen uns.

Foto: Hilde van Mas

Schicklgruber / Jan Veldman & Neville Tranter

Adolf Hitler sitzt 1945 in seinem Führerbunker. Das Reich ist längst zusammengebrochen – aber er glaubt noch immer an den Endsieg. Und nicht nur er: Goebbels ist sich sicher, dass es nur eine gute Rede braucht, um den Krieg zu drehen. Eva Braun will heiraten, „und Hitler macht sich Gedanken darüber, wie die Sterne stehen – außerdem hat er Geburtstag und hadert mit seinem Alter. Es ist eine Groteske, saukomisch, vor allem durch die Distanz, die wir gewinnen, weil Hitler von einer Puppe verkörpert wird, die ein Mensch spielt“, sagt Matthias Asboth.

Neville Tranter, einer der beiden Autoren des Stücks, wird Regie führen, und zwar gemeinsam mit Nikolaus Habjan, der auch spielen wird. Falls Ihnen der Plot bekannt vorkommt – das Stück lief 2003 bei den Festwochen.

Ab 25. September.

Nikolaus Habjan
Nikolaus Habjan. Was für eine Saison: Er inszeniert an der Staatsoper und an der Josefstadt – hier die böse Puppen-Komödie „Schicklgruber“ über die letzten Tage im Führerbunker.

Foto: Victoria Nazarova

Der Theatermacher / Thomas Bernhard

Im Oktober kommt dann ein Stück, das vermutlich recht schnell ausverkauft sein wird: einerseits wegen des Stücks selbst, das ein echter Klassiker ist, aber auch wegen Matthias Hartmann, der sein Regie-Comeback in Wien feiern wird – und wegen Herbert Föttinger, der in die Hauptrolle des Bruscon schlüpft.

Matthias Asboth: „Am Ende der Ära Föttinger an der Josefstadt ist ,Der Theatermacher‘ eine Gelegenheit, sich intensiv mit der Kunst, dem Künstler und dem Schauspieler Föttinger zu beschäftigen – und zwar mit einer ironischen Distanz. Hartmann und Föttinger sind eine gute Kombination, weil sie auf sehr gleichen, aber auch sehr unterschiedlichen Ebenen wissen, wovon Thomas Bernhard spricht.“

Auf dem Plan bereits ab 23. Oktober, damit auch leicht verlängert werden kann.

Vermuten wir ...

Herbert Föttinger
Herbert Föttinger. Der langjährige Direktor und Publikumsliebling tritt ab und spielt u. a. im „Theatermacher“ und in Turrinis „Was für ein schönes Ende“. Hingehen!

Foto: Peter Mayr

Ein Sommernachtstraum / William Shakespeare

Der Direktor des Gärtnerplatztheaters Josef E. Köpplinger wird anreisen und die Regie des Klassikers übernehmen. Ohne das Regiekonzept im Detail zu kennen, bedeutet das: Das Stück wird lustig – weil Köpplinger das kann.

Der Chefdramaturg des Hauses lacht: „Ja, er brennt darauf, es zu machen. Er wird es auch nicht dekonstruieren. Es wird ein ‚Sommernachtstraum‘, in dem wir uns verlieren werden können. Es ist ein Juwel, und wir haben Shakespeare sehr vernachlässigt in den vergangenen Jahren. Wir haben ein tolles Ensemble und tolle Gäste wie Robert Meyer und Wolfgang Hübsch. Unser Haus schafft dieses Stück, ohne Figuren streichen zu müssen – es ist wirklich von der ersten bis zum letzten Schauspieler erstklassig besetzt, und das wird man sehen.“

Ab 20. November.

Robert Meyer
Robert Meyer. Vermutlich ist Ihnen egal, in welchem Stück Meyer spielt, Hauptsache, er spielt ... Wir verraten es Ihnen trotzdem: Es ist „Der Sommernachtstraum“.

Foto: Stefan Fürtbauer

Ein deutsches Leben / Christopher Hampton

Verzeihen Sie die nächste Boulevard-Wortwahl, aber: „Ein deutsches Leben“ ist der nächste Knaller in der kommenden Saison. Brunhilde Pomsel war Stenotypistin und Sekretärin von Adolf Hitler und hat im Alter von 103 Jahren im Rahmen eines Filminterviews das erste Mal über diese Zeit gesprochen. Christopher Hampton hat daraus ein Stück gemacht. Regie wird Theaterlegende Andrea Breth führen, Publikumsliebling Lore Stefanek wird Pomsel spielen. Eine Jahrhundert-Kombination, die durch einen der vielen Zufälle am Theater entstanden ist.

Matthias Asboth: „Stefanek ist beim ‚Deutschen Mittagstisch‘ das erste Mal hier in der Josefstadt auf der Bühne gestanden, und wir dachten uns: Wie kann diese wunderbare liebe Kollegin da oben ein derartiges Gfrast spielen, vor der man richtig Angst bekommt?

Über Lore Stefanek kam dann auch Andrea Breth. Lore rief mich in ihrer sehr höflichen Art an und sagte: ‚Ich kenne ja die Breth, und ich könnte sie fragen, ob.‘ Für diese Frage sind wir ihr nach wie vor sehr dankbar!“

Ab 18. Dezember.

Lore Stefanek
Lore Stefanek. Sie ist eine der eindrucksvollsten Schauspielpersönlichkeiten der Josefstadt und wird unter der Regie von Andrea Breth Hitlers Sekretärin Pomsel spielen. Pflicht!

Foto: Lukas Gansterer

Hamlet / William Shakespeare

Und dann kommt auch schon der nächste Klassiker aller Klassiker und zum zweiten Mal ein Shakespeare: „Hamlet“. Im Gegensatz zur Burgtheater-Produktion (2024), in der es nur so von Hamlets wimmelte, wird es in der Josefstadt nur einen geben. Dramaturg Asboth: „Wir wollen Hamlet nicht auf mehrere Schauspieler*innen aufteilen, weil wir mit Claudius von Stolzmann einen Schauspieler haben, der alle Facetten dieses Charakters abdecken kann. Dazu haben wir mit Johannes Krisch einen Claudius als wunderbares Pendant.“

Ab 12. Februar.

Zemlinsky / Felix Mitterer

Endlich wieder ein neues Stück von Felix Mitterer (selbiges werden Sie auch gleich auch über Turrini lesen). Es handelt von dem österreichischen Komponisten Alexander von Zemlinsky. Geboren in Wien, gestorben im Exil 1942 in New York. Er war einer der Männer, die Alma Mahler verfallen waren, und schrieb ihr: „Ich will dich – mit jedem Atom meines Fühlens!“ Sie konterte (in ihrem Tagebuch): „Eine Carricatur − kinnlos, klein, mit herausquellenden Augen und einem zu verrückten Dirigieren.“

Matthias Asboth: „Es ist unser letztes Pandemie-Opfer, das wir endlich realisieren. Zemlinsky hat den Weg für die neue Musik bereitet, aber nicht die Kraft besessen, sich durchzusetzen. Felix Mitterer hat kein Biopic geschrieben, sondern ein Panoptikum der Wiener Gesellschaft, und er geht der Frage nach, wie es für Künstler war, die flüchten mussten und dann dort, wo sie gestrandet sind, gar nicht sein wollten. Zemlinsky wollte nicht einmal die Sprache lernen, er wollte nur dorthin zurückkehren, wo seine Heimat war. Ein zeitloser Aspekt von Flucht.“

Nachsatz: „Es wird kein Musikstück, aber Zemlinskys Musik wird eine große Rolle spielen.“

Ab 19. März.

Felix Mitterer
Felix Mitterer. Die Pandemie hat’s verzögert, aber jetzt kommt endlich das neue Stück von Mitterer: eine Annäherung an den Wiener Komponisten Alexander von Zemlinsky.

Foto: Stefan Fürtbauer

Was für ein schönes Ende / Peter Turrini

Endlich wieder ein neues Stück von Peter Turrini (ich hab Ihnen diesen Satz versprochen!). Es wird die letzte Premiere in der Josefstadt (29. April), und sie ist so früh angesetzt, weil ein Publikumsblockbuster erwartet werden darf. Herbert Föttinger spielt, Maria Köstlinger, Raphael van Bargen u.v.a.

Was sie spielen? Matthias Asboth muss kurz eine Kaffeepause machen, weil Dichterfürst Peter Turrini die Erklärung selber übernimmt und für Sie ein paar Sätze zusammengeschrieben hat:

Raphael von Bargen
Raphael von Bargen. Dass gerade Raphael von Bargen gemeinsam mit Herbert Föttinger in der letzten Premiere des Hauses und noch dazu im Turrini spielen wird – das ist großes Hurra.

Foto: Marcel Urlaub

„Mein Stück ‚Was für ein schönes Ende‘ handelt von einem Menschen, der zu den glanzvollsten Erscheinungen Wiens gehörte und aus ebendieser Stadt vertrieben wurde. Er schrieb unsterbliche Werke, die sich über die ganze Welt verbreiteten, aber noch zu seinen Lebzeiten verschwand sein Name von allen Plakaten. Ich rede von Lorenzo Da Ponte, der eigentlich Emanuele Conegliano hieß und ein Jude aus dem Ghetto von Venedig war. Der ein vielbejubelter Hofdichter Josephs des Zweiten wurde und der von heute auf morgen in Ungnade fiel. Der Schulden machte und vor seinen Gläubigern nach Amerika floh. Der bei seinen Versuchen, in der neuen Welt Fuß zu fassen, scheiterte. Der als Brandyverkäufer mit einem Schnapswagen herumtingelte und der am italienischen Friedhof in New York als weithin Unbekannter begraben wurde. Schon wenige Jahre nach seinem Tod wurde der Friedhof eingeebnet, und seither steht auf seinem Grab die amerikanische Zentrale von Kraft’s Ketchup.

Seit Jahrzehnten fasziniert mich sein Leben zwischen hellstem Licht und großer Dunkelheit, zwischen Erhabenheit und Lächerlichkeit. Im Jahre 2000 habe ich über ihn eine Novelle geschrieben, zwei Jahre später ein Drama, und jetzt habe ich für das Theater in der Josefstadt eine Neufassung des Stoffes verfaßt, in welcher die Beziehung Da Pontes zu seiner Frau Nancy Krahl in den Mittelpunkt gerückt wird. Mein Motto, daß dieses Leben eine komische Katastrophe sei, gilt auch für mein dramatisches Tun: Ich hoffe, daß Sie, geschätztes Theaterpublikum, bei diesem sehr ernsten Stück einiges zum Lachen haben.“

Ab 29. April.

Peter Turrini
Peter Turrini. Der Dichterfürst hat wieder ein Werk für „seine“ Josefstadt geschrieben – ein Stück über den Mozart-Librettisten Da Ponte. Was er selbst dazu sagt, lesen Sie in unserer neuen Ausgabe.

Foto: Moritz Schell

Ostern. Ein Pandemiestück / Daniel Kehlmann

Wir wechseln in die Kammerspiele. Dort hat im September Kehlmanns neuestes Werk, das er im Auftrag der Josefstadt geschrieben hat, Premiere. Asboth: „Das Stück besteht aus zwei Teilen. Den Teil vor der Pause hat Kehlmann während der Pandemie geschrieben. Es geht um menschliches Verhalten in Extremsituationen – Themen, zu denen wir jetzt den nötigen Abstand haben, um sie auch mit einem Lächeln zu betrachten. Es ist eine Komödie, ein wirklich lustiges Stück. Er hat aus den vielen absurden Verordnungen Szenen geschrieben, die fast schon kabarettistisch sind. Im zweiten Teil ist es dann ein Einakter, der sich mit einem Schauspieler beschäftigt, der in einem Hotelzimmer in Quarantäne ist. Das entwickelt sich dann zu einer abstrusen Horrorkomödie.“

Regie-Alleskönnerin Stephanie Mohr übernimmt und lässt unter anderem Robert Joseph Bartl den bayerischen Ministerpräsidenten spielen – worauf wir uns wieder sehr freuen.

Ab 6. September

Robert Joseph Bartl
Robert Joseph Bartl. Er ist eine der großen Seelen der Josefstadt. Brilliert in allen Rollen. Nächste Saison mit Sicherheit in Mitterers und Kehlmanns neuen Stücken.

Foto: Andreas Jakwerth

Sherlock Holmes: Der Fall Moriarty / Ken Ludwig

Nach seinem Hit „Der große Diktator“ darf Schauspieler Dominic Oley erneut als Regisseur ran. Das verspricht einen perfekten und rasanten Komödienabend – und es wird für die Schauspieler*innen richtig anstrengend.

Matthias Asboth: „Fünf Schauspieler*innen spielen vierzig Rollen. Ihre durch die schnellen Rollenwechsel entstehende Not ist Bestandteil des Stücks – dadurch entsteht Humor und Brisanz.“ Ken Ludwig bezeichnet sein Stück als Melodram: „Es hat eine Liebesgeschichte, brenzlige Situationen und Tote ... (Lacht.) Es ist wirklich lustig und schwungvoll.“

Ab 6. November.

Dominic Oley
Dominic Oley. Als Schauspieler brillant, als Regisseur ebenso. Was er macht, wird rasant lustig. In den Kammerspielen darf er fünf Schauspieler durch vierzig Rollen domptieren.

Foto: Stefan Fürtbauer

Die Tanzstunde / Mark St. Germain

„Es ist eine schöne, lustige und berührende Zwei-Personen-Geschichte – ein klassisches Kammerspielstück“, sagt der Chefdramaturg, und hat recht damit: Ein Asperger-Patient muss tanzen lernen. Die Tanzstunden gibt eine Tänzerin, die nach einer Beinverletzung nicht weiß, ob ihre Karriere zu Ende ist. Aber naturgemäß kommen sich die beiden näher und werden sich gegenseitig zur Stütze.

Ab 17. Jänner.

Günter Franzmeier
Günter Franzmeier. Ist es ein Lob, wenn man über einen Schauspieler sagt, dass er eine Allzweckwaffe ist? Wir verstehen es als solches und freuen uns auf Shakespeare, Sartre und Co.

Foto: Hilde van Mas

SOPHIA oder das Ende der Humanisten / Moritz Rinke

Eine Uraufführung eines Stücks über einen Wissenschaftler, von dem sich alle abwenden, nur nicht die künstliche Intelligenz SOPHIA. Matthias Asboth: „Es ist eine leicht nachvollziehbare, unterhaltsame Geschichte, die sich sehr tiefgründig mit den Gefahren und Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz auseinandersetzt und zeigt, wie sie uns alle verändert.“

Ab 26. Februar.

Nils Arztmann
Nils Arztmann. Er ist der Nachwuchsstar der Josefstadt – und wird in Sartres „Schmutzige Hände“, in Shakespeares „Sommernachtstraum“ und in Rinkes KI-Stück „SOPHIA“ zu sehen sein.

Foto: Stefan Fürtbauer

Leonce und Lena / Georg Büchner

Sandra Cervik und Michael Dangl in der letzten Premiere in den Kammerspielen. Torsten Fischer wird Regie führen. Chefdramaturg Matthias Asboth: „Es ist ein wahnsinnig tolles Stück, und ich werde dazu nicht viel sagen – außer was im Stück steht und einen kleinen Regiegriff verraten: Das Stück beginnt im Altersheim und endet in der Jugend.“

Ab 9. April.

Sandra Cervik
Sandra Cervik. Sie ist Publikumsliebling und mittlerweile erfolgreiche Regisseurin. Man kann alles empfehlen, wo sie mitspielt. Unser Einzel-Tipp: „Leonce und Lena“ mit Michael Dangl.

Foto: Peter Mayr

Hier zu den Spielterminen des Theater in der Josefstadt!