Direkt nach der Schauspielschule wollte Alma Hasun vorerst „böse Rollen“ spielen. Wobei es ihr damals weniger um die Hinwendung zum Schurken- und Ganoventum als vielmehr um die konse­quente Abkehr von der Kategorie „süßes Mädel“ ging, wie sie unter anderem im Figurenarsenal Arthur Schnitzlers recht häufig vorkommt. „Ich habe schon während des Studiums gemerkt, dass sich eine gewisse Tendenz in diese Richtung abzeichnet, und versucht, mich dagegen zu wehren“, erklärt sie. 

Anzeige
Anzeige

„Schablonen möchte niemand spielen"

Mittlerweile sieht Alma Hasun, die 2013 direkt von der Schauspielschule ans Theater in der Josefstadt engagiert wurde, die Sache jedoch etwas anders: „Ich wehre mich nicht mehr so stark dagegen, weil ich gemerkt habe, dass diese Figuren etwas ganz Besonderes mitbringen. Eine Verletzlichkeit zum Beispiel, die ich sehr gerne spiele und in die ich mich gerne hineinbegebe.“ Das Entwicklungspotenzial dieser Figuren reizt die Schauspielerin, die neben ihrem festen Engagement an der Josefstadt auch schon in zahl­reichen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen war. Außerdem kann, wie sie weiter ausführt, in dieser Verletzlichkeit auch sehr viel Stärke stecken.

Schnell wird klar: Gibt Eindimensionalität die Richtung an, hüpft Alma Hasun schnell von Bord. „Schablonen möchte schließlich niemand spielen“, bringt sie ihr Bedürfnis nach Vielschichtigkeit und Wandelbarkeit auf den Punkt. Da kommt es ihr mit Sicherheit sehr entgegen, dass die Theater­geschichte ­voller Charaktere steckt, die sich jenseits von Gut und Böse bewegen. Und zwar nicht wie in der populären Redewendung gemeint, sondern eher im Sinne des gleichnamigen Werks von Friedrich Nietzsche. Doch das würde jetzt zu weit führen. 

Foto: Lukas Gansterer

Foto: Lukas Gansterer

Anzeige
Anzeige

Foto: Lukas Gansterer

Voneinander lernen

Wir bleiben lieber nah am Karriereweg der Alma Hasun, was alles andere als schwerfällt, denn Unnahbarkeit gehört definitiv nicht zu den hervor­stechendsten Charakterzügen der Schauspielerin.­ Dafür eine große Lust am Erzählen von Geschichten. So erinnert sie sich noch gut an die erste Leseprobe für Herbert Föttingers Inszenierung der „Geschichten aus dem Wiener Wald“, die noch während ihrer Schauspielausbildung stattfand. „Ich war damals schon wahnsinnig nervös – man kann es gar nicht anders sagen“, erinnert sich Hasun. Damals spielte sie an der Seite von Erni Mangold, Erwin Steinhauer und Florian Teichtmeister.

Auch mit Otto Schenk stand die Schauspielerin mit den ausdrucksstarken blauen Augen schon auf der Bühne, zuletzt in einer Inszenierung von Tschechows „Der Kirschgarten“, die auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. „Mit Otti bin ich während meiner Zeit am Theater wirklich eng geworden. Wir haben zuerst ‚Liebelei‘, dann ‚Schon wieder Sonntag‘ und schließlich ‚Der Kirschgarten‘ zusammen gespielt. Wir telefonieren auch regelmäßig“, erzählt sie und betont, wie wichtig ihr dieser generationenübergreifende Austausch ist. „Er ist in einer ganz anderen Theaterzeit groß geworden als ich. Natürlich kracht man da auch einmal aneinander, aber es verbindet und befruchtet sich auch. Und man kann wahnsinnig viel lernen.“

Geborgenheit auf der Bühne

Aufregung verspürt Alma Hasun auch heute noch hin und wieder, obwohl ihr Lampenfieber grundsätzlich eher fremd ist. „Zu cool zu sein wäre für den Job auch nicht ideal“, ist sie überzeugt. Eine gewisse Coolness ist der in Klosterneuburg aufgewachsenen Schauspielerin trotzdem nicht abzusprechen. Das könnte auch daran liegen, dass sich Alma Hasun auf der Bühne einfach sehr wohlfühlt und man das im Zuschauerraum spürt.

Wenn ich am Portier vorbeigehe, betrete ich eine Parallelwelt, in der ich total beschützt bin."

Alma Hasun

„Ich fühle mich auf der Bühne sehr geborgen, vielleicht sogar mehr als im echten Leben. Wenn ich am Portier vorbeigehe, betrete ich eine Parallelwelt, in der ich total beschützt bin. Zwar erlebt man auch auf der Bühne alle Höhen und Tiefen, aber es fühlt sich so an, als sei ein Netz gespannt, das einen auffängt“, erklärt die Schauspielerin den besonderen Augenblick, in dem durch das Herunterdrücken einer Türklinke die Realität plötzlich von einer ganz anderen Welt abgelöst wird. Ein Kaninchenloch-Moment, wie ihn sich wohl schon sehr viele einmal gewünscht haben.

Zwischen Film und Theater

In verschiedenen Welten unterwegs zu sein gehört für Alma Hasun aber auch auf einer anderen Ebene zu ihrem beruflichen Alltag. Schließlich pendelt sie schon seit Beginn ihrer Karriere zwischen Filmset und Bühne hin und her. Gerade war sie als Journalistin Priska Fischer in der fünften Staffel der „Vorstadtweiber“ zu sehen. Das ständige Wechseln zwischen Theater und Film sei ihr aber nicht immer leichtgefallen, erzählt sie. „Ich war dem Theater einfach so verhaftet, weil ich jahre­lang fast jeden Abend dort verbracht habe. Erst in den letzten Jahren bin ich dem Film wirklich nähergekommen, weil ich verstanden habe, dass es zwei unterschiedliche Spielweisen für mich sind.“ Im Zusammenhang mit der energiegeladenen Schauspielerin könnte man hier durchaus auch von ­„Spielwiesen“ sprechen. Außerdem hat Alma Hasun die Vermutung, dass sie, um eine gute Filmschauspielerin sein zu können, erst zu sich selbst finden und zentrierter werden musste. 

Keine Schubladen

Dass für Alma Hasun beruflich alle Zeichen auf Schauspiel stehen, wurde ihr mit ungefähr 16 Jahren so richtig bewusst. Ihre Eltern haben sie auf ihrem Weg immer unterstützt, waren aber, wie sie betont, keine Eislaufeltern. „Bei insgesamt fünf Kindern konnten sie sich aber auch nicht ausschließlich auf mich konzentrieren“, erinnert sie sich lachend. 

Momentan ist sie mit den Proben für die Bühnenadaption des Schnitzler-Romans „Der Weg ins Freie“ beschäftigt. Alma Hasun spielt die Klavier­lehrerin Anna. „Es ist eine Figur, an die man sehr emotional herangehen kann, die außerdem eine besondere Entwicklung durchmacht. Auch sie ist in ihrer Verletzlichkeit sehr stark.“ Mit sturem Schwarzweißdenken kommt man also auch bei dieser Figur nicht weit. Und auch wer Alma Hasun in eine Schublade stecken möchte, wird sich beim Zumachen schnell die Finger einzwicken. Doch das dürfte mittlerweile vermutlich klar sein.

Zwischen den Stühlen? Ganz und gar nicht. Alma Hasun liebt die Abwechslung und pendelt regelmäßig zwischen Film, TV und Theater hin und her.

Foto: Lukas Gansterer

Zur Person: Alma Hasun

Schon als junges Mädchen wirkte Alma Hasun bei ­einigen TV-Produktionen mit. Ihre Schauspielausbildung ­beendete sie 2013. Bereits während der Ausbildung spielte sie ihre erste Rolle am ­Theater in der Josefstadt, die Marianne in „Geschichten aus dem Wiener Wald“.

Weiterlesen

Roman Schmelzer: „Gefallsucht ist mir fremd“

Alle Informationen zum Theater in der Josefstadt und den Kammerspielen finden Sie hier