Sie sind ein Trumpf der neuen „Zauberflöte“ an der Volksoper Wien: Rebekah Wilds marionettenähnliche Puppen, die Taminos und Paminas gefährlichen Weg begleiten. Ob nun die Papageitaucher geschickt vor den Fangversuchen Papagenos fliehen, ob die Riesenschlange sich im Kampf mit Tamino aufbäumt oder ob ein Wüstenfuchs über die kahle Landschaft läuft: Sechs Puppenspieler führen 30 Figuren. Es sind bedrohte Geschöpfe auf einer vom Menschen gefährdeten Erde.

Anzeige
Anzeige

Drei Knaben als schwebende Puppen

Dabei gehen die Puppen noch über die Tierwelt hinaus. Auch Pamina und Tamino erhalten ein kleines, an Stäben, Halterungen und Schnüren geführtes Alter Ego. Dadurch wird die ständige Verbindung der Liebenden auch dann vermittelt, wenn sie getrennt sind. Die drei Knaben sind bis auf eine Szene am Ende überhaupt nur in Form von schwebenden Puppen auf der Bühne. Die Stimmen der Sängerknaben ertönen aus dem Orchestergraben.

Und sogar Zauberflöte und Glockenspiel lässt Regisseur Henry Mason lebendig werden: An der Flöte sind kleine Flügel befestigt, die sie wie einen Kolibri wirken lassen, während die Puppenspielerin das Instrument elegant tanzen lässt. Das Glockenspiel wiederum wird Papageno zum störrischen Gefährten mit Füßen.

Jakob Semotan verkörpert in der Inszenierung der Zauberflöte in der Wiener Volksoper den Papageno.

Foto: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Beinahe unsichtbare Puppenspieler

Das Erstaunliche: Obwohl die Puppenspieler fast ständig auf der Bühne präsent sind, blendet das Gehirn des Zuschauers sie zumeist aus. Singt Tamino die „Bildnisarie“ und betrachtet dabei die Puppe Paminas, hat man das Gefühl, als sei er allein auf der Bühne, obwohl zwei Puppenspielern die Figur führen.

Anzeige
Anzeige

Wie die in unauffälligen Naturfarben gekleideten Puppenspieler das machen? Um die Puppen in den Vordergrund zu stellen und daneben selbst möglichst wenig aufzufallen, sei es wichtig, „die Konzentration ganz auf die Figur zu legen. So werden wir als Puppenspieler quasi unsichtbar“, sagt Puppet-Captain Katharina Halus. Gemeinsam mit Michaela Studenik führt sie das Team der Puppenspieler. „Außerdem gilt: Wohin wir schauen, schaut auch das Publikum", sagt sie.

Indem wir unsere Spannung auf die Puppen übertragen, wirken sie lebendig.

Gleichzeitig helfe es, die Figuren mit einem gewissen Abstand zum eigenen Körper zu führen. Halterungen und Stangen, Hebel und kleine Seilzüge kommen zum Einsatz, um mit den Tieren sowie mit den Puppen-Doppelgängern von Pamina und Tamino möglichst lebensechte Bewegungen zu machen. „Indem wir unsere Spannung auf die Puppen übertragen, wirken sie lebendig“, sagt Halus.

Den Puppen unterordnen

Wichtig sei außerdem, sagt die Puppenspielerin, die erstmals an der Volksoper auftritt, die richtige Distanz zur Figur. Durch einen guten Abstand zu den Puppen könne man sich ihnen unterordnen. Es sei aber, sagt Halus und schmunzelt, „auch nicht schlimm, wenn man uns mal wahrnimmt.“

Natürlich muss jede Bewegung minutiös einstudiert sein. Jeder der Puppenspielerinnen und Puppenspieler hat je die Hälfte aller „Rollen“ einstudiert, um vielseitig einsetzbar zu sein. Intensiv wurde geprobt, wie beispielsweise die Papageitaucher den Hals lang machen, den Kopf heben, wie sie ihre Körper durch einen Seilzug kippen oder beugen. Besonders anspruchsvoll sei auch die schwere Riesenschlange zu führen, wenn sie Tamino sogar schon in ihrem Schlund hat, erzählen die Puppenspieler.

In drei Ländern gefertigt

Die Puppen wurden in sechs Werkstätten in drei Ländern von acht Puppenmachern nach den Entwürfen von Rebekah Wild gefertigt. Sie umfassen auch einen elegant seine Schwingen ausbreitenden Reiher, einen aufmüpfig wirkenden Wiedehopf, einen flinken Gekko und ein scheues Gürteltier. Bei all den Ideen, die Henry Mason in seine Inszenierung einbrachte, sind vor allem sie es, die diese „Zauberflöte“ besonders bunt und märchenhaft machen.

Zu den Spielterminen „Die Zauberflöte" in der Volksoper Wien