„Hallo, ich kenn dich irgendwoher“, wird Maresi Riegner im Gartencafé in Wien-Mariahilf von einer Kellnerin begrüßt. „Ja, ich bin öfter hier“, antwortet sie. Die Frau hinter der Budel mag sich damit nicht wirklich zufrieden­geben und prüft Riegner mit einem Blick, der zu fragen scheint: „Nein, ich kenn dich doch aus dem Fernsehen?“ Andere Jungschauspieler würden jetzt ­vielleicht Film-, Fernseh- oder Theaterrollen aufzählen, in denen sie wirkten. Aber lautes Auf­treten ist Maresi Riegners Sache nicht.

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Mit dem manchmal etwas groben Klischee von Bühnenschauspielern hat sie nichts gemein. Wenn sie spricht, müssen das die Nebentische nicht mitbekommen. Wenn sie ihre Arbeit beschreibt, benutzt sie gern das Wort „innerlich“. Bei Riegner geht es oft um die Stimme, die innere und jene, die für die anderen bestimmt ist – und die sie mit Bedacht wählt. Selbst spricht sie mit sanfter, ruhiger Sprach­melodie – und setzt sich damit in der Film- und Theaterwelt durch. 

Nestroy-Nachwuchspreis

2017 wurde sie mit dem Nestroy-­Nachwuchs­preis und ein Jahr später mit dem Österreichischen Filmpreis aus­gezeichnet. Heuer erhielt sie den Max-Ophüls-Preis. Mit 29 Jahren hat sie eine beachtliche Liste an Filmen gedreht (etwa mit Harald Sicheritz und Barbara Albert) und stand auf den Bühnen der Salzburger Festspiele und der ­Josefstadt. Seit Herbst 2019 ist sie Mitglied des Ensembles des Burgtheaters.

Währenddessen wurde sie zudem Mutter. Zum Durchatmen kommt sie gern in das Gartencafé. Hier, im dichtverbauten Mariahilf, sind Grün­oasen Mangel; nur die Josefstadt hat statistisch gesehen weniger Grün in Wien. „Es ist kühl, mit dem Gras unter den Füßen und dem Efeu an den Wänden. Und mit der Alma ist es auch easy“, sagt sie und meint damit ihre zweijährige Tochter. Kurz nach deren Geburt bekam sie die Zusage des Burgtheater-Direktors, fix engagiert zu sein. „Ich wollte unbedingt an dieses Theater, da mir die Idee von Martin Kušej von einem ‚europäischen Haus‘ sehr gefiel.“ Beworben hat sie sich ganz klassisch – per Mail. 

Bei der Arbeit im Theater ist das Finden der eigenen Stimme ein Thema für sie: „Manche sind lauter, manche leiser, wenn es darum geht, die eigenen Ideen durchzusetzen. Da geht es darum, die eigenen Unsicherheiten abzubauen.“ 

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Rollenangebote und Selbstbild

In den Anfangsjahren ihrer Karriere hat Maresi Riegner meist die Rollen von Kindfrauen angeboten bekommen – wohl auch aufgrund ihrer zarten ­Physiognomie. Auch die viel strapazierten Beschreibungen „Rehaugen“ und „Schmollmund“ treffen auf die Wienerin zu. Die Stimmen ihrer Rollen wurden jedoch in den letzten Jahren bereits lauter und resoluter. 

Zurzeit dreht sie etwa ihre nächste Hauptrolle: Sie wird erstmals eine Mutter spielen, die eine komplexe Entwicklung durchmacht. In dem historischen Drama flieht die Fotografin Hanna Leitner aus ihrer bürgerlichen Mutterrolle in das freigeis­tige Sanatorium am Monte Libertà. Zerrissen zwischen ihrer Familie und der Faszination für das Leben der Reformer, entdeckt sie ihre eigene Stimme. 

Sie selbst fühlt sich nicht zerrissen, sie stand sogar hochschwanger noch auf der Bühne. „Ich bin sehr glücklich genauso, wie es gerade ist“, verortet sie aber durchaus eine Verschiebung in der Welt des Schauspiels, die Vereinbarung von Kind und Karriere einfacher macht. Dennoch sei es ohne Hilfe organisatorisch immer noch extrem schwierig. „Nicht nur als Mutter hat man Verantwortung“, sagt Riegner bestimmt, „sondern auch als Künstlerin.“

Zur Person: Maresi Riegner

Die 29-Jährige ist seit einem Jahr Ensemblemitglied des Burgtheaters. 2017 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen in „Kasimir und Karo­line“ und spielte am Theater in der Josefstadt in der „Wildente“. Dafür wurde sie mit dem Nestroy-Theaterpreis in der Kategorie „Bester Nachwuchs weiblich“ ausgezeichnet. Ein Jahr später ­erhielt sie für ihre Rolle in Barbara Alberts „Licht“ den Österrei­chischen Filmpreis. Sie lebt in Wien und ist Mutter einer Tochter.

Termin und Ticket

„Anschlussfähig“ (Lesung), Kollektivsalon (Folge 2) 
am 20. Oktober, 20 Uhr im Kasino
burgtheater.at