Ein durchschnittliches deutsches Stadttheater verbraucht 2,2 Millionen Kilowattstunden Energie pro Jahr, was 880 Tonnen CO-Emissionen entspricht, wie die Süddeutsche berichtet. Doch Umwelt- und Klimaschutz sind die Schlagwörter der Gegenwart und kommen immer mehr in den Theaterbetrieben an. Die Umsetzung ist gar nicht so einfach. Künstlerische Vision und ökologischer Fußabdruck werden noch oft als Gegenspieler verstanden. In Deutschland widmet sich seit April das Pilotprojekt Forum Ökologische Nachhaltigkeit im Theater dem Thema und stellt Lösungen vor.

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Aufwändige Bühnentechnik, Klimatisierung oder Flugreisen der Künstler:innen stehen den nachhaltigen Zielen noch im Weg. Und viele Theater und Konzerthäuser retten sich gerade mit Streaming-Angeboten über den endlos scheinenden Lockdown im Kulturbetrieb. Die Umweltauswirkungen durch digitale Angebote sind jedoch nicht gering. Die Angebote ganz einzustellen wäre aber das falsche Signal, sagte Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Berliner Theatertreffs und Co-Initiatorin des Projekt, dem Inforadio rbb.

An den Stellschrauben drehen

Doch welche Möglichkeiten gibt es, künftig mit Blick auf den Klimaschutz zu arbeiten? Vor allem Mobilität ist eine große Stellschraube, da Gastensembles, Publikum und internationale Solo-Künstler:innen anreisen. Die Organisator:innen des Berliner Theatertreffens beachten zum Beispiel folgende Punkte: Auf Flugreisen wird so weit es geht verzichtet, es wird nur fleischloses Catering angeboten, es gibt kein Merchandising, die Ausstattung –sprich Requisiten, Kostüme und Bühnenbild -– werden wiederverwertet.

In Österreich gibt es in diesem Bereich das „Green Events Austria Netzwerk". Ziel ist, dass auch Veranstaltungen in Österreich nachhaltiger werden. Das bundesweite Netzwerk formierte sich vor bereits 13 Jahren, um regionale Initiativen zu vernetzen. Das Umweltministerium, die Stadt Wien und Ämter aller Bundesländer sind Mitglied des Netzwerks.

Ohne chemisches Theaterblut

Die Bregenzer Festspiele sind ein Beispiel für die praktische Umsetzung: Ihr erklärtes Ziel ist es, den gesamten Spielbetrieb auf ökologische Kriterien aufzubauen. Daher soll langfristig nur noch erneuerbare Energie zum Einsatz kommen. Heute schon verwenden die Festspiele am Rande des Trinkwasserspeichers Bodensee nur Theaterblut, das wasserlöslich ist, um das Bodenseewasser nicht zu verunreinigen. Die Tickets für die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind in der Eintrittskarte inkludiert.

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Alle Hebel einzeln untersuchen

Auch die Berliner Theatertreffen aus den Jahren 2019 und 2020 wurden klimabilanziert, wie Yvonne Büdenhölzer berichtet. Dazu wird jeder einzelne Organisationsschritt betrachtet, um herauszufinden, an welchen Hebeln noch angesetzt werden werden kann. Wichtig aus künstlerischer Sicht ist auch die Frage, auf was man nicht verzichten will. Dabei geht es darum ehrlich mit der Frage umzugehen, inwieweit es noch zutreffend ist, dass Künstler:innen und Publikum eine Kultur der Verschwendung lieben.

Wie Büdenhölzer im Interview mit dem rbb berichtet, sind ihrer Erfahrung nach die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz noch nicht in allen Hierachieebenen angekommen. Vor allem die Chefetagen könnten noch Impulse brauchen. Oft fehlt in den Betrieben zudem das Wissen, wie man eine Klimabilanz erstellt. Viele Kultureinrichtungen scheitern an zehn einfachen Fragen zu ihrem Umweltverhalten, wie eine Umfrage des Kunstmagazins Art im vergangenen September ergab.

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