Eine Fabriksrevolte und ein Arbeitermädel in einer Operette von Franz Léhar – das hätte man durchaus nicht vorrangig vermutet. „Eva“ des großen Meisters der leichten Muse nach einem Libretto von Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky ist eine Art „Sozialoperette“, wie Intendant Michael Lakner im Interview ausführt. Außerdem die erste ihrer Art überhaupt und im Umfeld von Georg Büchner und Gerhart Hauptmann zu sehen. „Es war Léhar, der die gesellschaftspolitische Komponente in die Operette eingeführt hat“, so Lakner. Hinter „Eva“ steckt eine Art „Aschenbrödel“-Geschichte. Ein Waisenkind, das von einem Fabrikswerkführer aufgezogen und somit quasi von der ganzen Belegschaft einer Glasmanufaktur aufgezogen wird, verliebt sich in den neuen Leiter des Unternehmens – und er sich in Eva.

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Ein Liebesgeständnis stoppt die Revolte

Als er sie auf einen Ball mitnimmt, läuft sie weg – und verliert dabei, so Lakner, doch glatt den Schuh. Am Ende ist es sein Liebesgeständnis, das die Arbeiterrevolte stoppt. Dabei ist das eigentlich gar nicht der originale Schluss der Léhar-Operette. Lakner hielt den dritten Akt für entbehrlich, ja mehr noch, für „schwierig, unpassend und wenig gelungen“. So strich er ihn kurzerhand und fügte am Ende des zweiten eine Reprise des Liebesduetts sein. „So ist es weniger verwirrend, viel romantischer und sehr schlüssig". Auch dauere die Operette so gut 90 Minuten, die in der Sommerarena ohne Pause gespielt werden, was der aktuellen Situation geschuldet ist.

„Eine Nacht in Venedig"

Coronabedingt wurde auch die geplante Musical-Premiere, die österreichische Erstaufführung von „Neun (Nine)“ von Maury Yeston mit Drew Sarich und Milica Jovanovic, in eine Folgesaison verschoben. Als „Appetitmacher“ (Lakner) singen diese und weitere Stars wie Carin Filipcic und Wietske van Tongeren aber unter der Moderation von Ramesh Nair eine konzertante Version. Musicalfreunden empfiehlt Lakner aber auch die zweite Operettenproduktion des Sommers, „Eine Nacht in Venedig“, die er „trashiger und näher am Musical“ hat inszenieren lassen und die statt im Karneval auf einem Kostümfest im Heute spielt und den Chef einer Fluglinie zur Hauptfigur hat.

Ein ebenso greller wie kurzweiliger Abend: „Eine Nacht in Venedig" in Baden.

Foto: Christian Husar

„Gerade ein Stück über Intrigen, Lügen und Ehebruch lässt sich gut in der heutigen Zeit spielen – uns ist es ein Anliegen, neue Publikumsschichten zu gewinnen, indem wir ihnen Operetten in einer Form zeigen, die ihnen nahe ist“, so Lakner. „Meiner Ansicht nach ist das Problem mancher Operetten der fehlende Wortwitz. Wenn wir die Texte bearbeiten und ihnen mehr Wortwitz geben, ist das eine große Chance für das Genre. Auf dass auch bisher wenig operetten-affine Menschen diese herrlichen Melodien kennenlernen.“

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