Es war der „Märchenprinz“ der EAV, der für den zehnjährigen Moritz Hammer den Weg auf die Bühne der Kammerspiele ebnete. Dieses Lied sang er beim ersten Casting für die Kinderrolle in Peter Turrinis Stück „Gemeinsam ist Alzheimer schöner“ – und überzeugte das Regie-Team. Als Enkel des von Johannes Krisch und Maria Köstlinger verkörperten alternden, zunehmend dementen Ehepaars darf der Wiener Schüler darin auf der Bühne stehen und den Großvater durch seine kindlichen Fragen und sein unbedarftes Spielen mit Autos dazu bringen, über das Altern zu sinnieren und sich seiner eigenen Kindheit zu besinnen.

Anzeige
Anzeige

Neun Kinder am Theater in der Josefstadt

Moritz ist einer von neun Kinderdarstellern, die in den Stücken des Theaters in der Josefstadt mitspielen. Die Rolle in dem Turrini-Drama teilt sich Moritz mit Stanislaus Hauer. Dieser ist außerdem in „Jacobowsky und der Oberst“ zu sehen: Alternierend mit Simon Stadler-Lamisch spielt er einen Buben, der bei einer Razzia von seinem Vater getrennt wird.

Zusätzlich gibt es in diesem Werk noch eine Kinderrolle, die sich Katharina Hope Kemp und Lara Nguyen teilen: Clémentine – sie versteckt sich bei einem Bombenangriff mit Marianne Nentwich in einem Bunker. Auch im „Zwischenspiel“ von Arthur Schnitzler gibt es eine Rolle für ein Kind: Peterl, der Sohn des mit der eigenen Ehe hadernden Künstlerpaars Amadeus und Cäcilie, wird gespielt von Phillip Bauer und Teodor Gregor Ilić. Und in „Geheimnis einer Unbekannten“ nach Stefan Zweig schlüpfen Lara Buchsteiner und Daria Tayel in das jüngere Alter Ego von Martina Ebms Marianne, wenn sie von ihrer Kindheit erzählt.

Johannes Krisch oritz Hammer als "Der kleine Enkel" am Dienstag, 15. September 2020, während einer Probe von "Gemeinsam ist Alzheimer schöner" in den Kammerspielen der Josefstadt in Wien.

Foto: Herbert Neubauer

Nicht zum Casting überredet

Für Moritz Hammer ist es das erste Engagement an den Kammerspielen der Josefstadt. Er macht im Gespräch mit der BÜHNE gleich klar: „Ich wollte schon immer Schauspieler werden.“ Als das Theater in der Josefstadt in der Bezirkszeitung nach einem Buben für die Turrini-Uraufführung suchte, sprachen gleich mehrere Freunde Moritz’ Mutter Luisa Hammer-Thum an: Ob das nicht etwas für Moritz wäre? Dieser war Feuer und Flamme, und nachdem seine Mama Videos und Fotos ans Theater geschickt hatte, wurde der Bub zum Casting geladen.

Anzeige
Anzeige

Dort wusste er, aufgefordert, ein Lied seiner Wahl zu singen, eben mit jenem EAV-Hit zu beeindrucken und schaffte es in die zweite Runde. In dieser galt es dann schon genau jenen Text vorzutragen, den er in „Gemeinsam ist Alzheimer schöner“ zu sprechen hat. Moritz bekam die Rolle.

Wie er den Text gelernt hat? „Allein durchs Lesen merke ich ihn mir nicht. Aber meine Mama hat ihn mir vorgesagt, und durchs Nachsagen saß er schnell“, sagt Moritz. Für ihn ist es „ein ganz tolles Gefühl, mit zehn Jahren bei einer so bedeutenden Aufführung mitzuspielen. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie es ist, ein großer Schauspieler zu sein.“

Für Moritz’ Mutter Luisa ist wichtig, „dass Moritz das wirklich will. Wir haben ihn nicht zu dem Casting überredet. Der Wunsch, mitzumachen, ging von ihm aus.“ Stolz spricht aus ihrer Stimme, aber auch ein gutes Gefühl: „Wenn er nun aus dem Bühnentürl rauskommt, ist er nicht angeberisch oder aufgedreht, sondern ganz in seiner Mitte. Das Schauspielen scheint einfach in ihm drinnen zu sein.“ 

Stanislaus Hauer ist eines von zwei Kindern, die  im Stück „Gemein­sam ist Alzheimer schöner“ abwechselnd die Rolle des Enkels spielen.

Foto: Herbert Neubauer

Später Schauspieler oder Sänger werden

Während Moritz trotz seiner Auftritte in Kindergarten, Schule und im WUK noch eher ein Neuling war, als er sich in den Kammerspielen vorstellte, sind unter jenen Kindern, die in den Stücken des Theaters in der Josefstadt spielen, auch zwei, die schon unzählige Auftritte hinter sich haben. Phillip Bauer und Teodor Gregor Ilić sind Wiener Sängerknaben und somit gewohnt, auf der Bühne zu stehen. Im „Zwischenspiel“ gibt es wenig Sprechtext für sie, aber zwei Lieder zu singen und mehrere Szenen zu spielen.

Phillip Bauer hat bereits viel Bühnenerfahrung, er spielte in „Medea“ am Volkstheater, in „Ein Volksfeind“ am Burgtheater, in „La Bohème“ an der Staatsoper und bei Kurzfilmen der Filmakademie mit. Der Elfjährige ist seit mittlerweile drei Jahren bei den Wiener Sängerknaben, mit denen er bereits mehrfach aufgetreten ist. Trotz seiner Erfahrung gesteht Bauer: „Bei den Proben habe ich mir manchmal gedacht: Werde ich das schaffen? Die Premiere hat mir dann sehr viel Spaß gemacht, und ich fühle mich sehr wohl dabei, Theater zu spielen.“

Für ihn ist es „kein Unterschied, ob ich im Chor singe oder in einem Drama mitmache. Auch Auftritte mit dem Chor sind ein bisschen wie Theaterspielen.“ Und während er sich bei den Sängerknaben schon „wie in einer Familie fühlt, gefällt mir am Theater, neue Leute kennenzulernen“. Generell fasziniere ihn die künstlerische Arbeit. „Ob ich später Schauspieler oder Sänger werden möchte, weiß ich noch nicht – aber eines von beiden", sagt er.

Auch Moritz Hammer hat schon heute einen klaren Berufswunsch. „Am liebsten würde ich einmal den Jedermann in Salzburg spielen, von dem mir meine Oma erzählt hat.“ Die Zukunft wird zeigen, ob die Feuilletons einst schreiben werden: „Es begann mit einer Kinderrolle in den Kammerspielen …“

Daria Tayel mit Michael Dangl und Martina Ebm in „Geheimnis einer Unbekannten“.

Foto: Herwig Prammer