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Christiane von Trapp © Walter Kober

Homestory »The Sound of History«: Porzellandesignerin Christiane von Trapp öffnete exklusiv für LIVING die Pforten ihres Zuhauses

Homestory
Interior Design

Schloss Friedberg ist das persönlichste Projekt der Künstlerin, die auch in ihrem Interior-Design einen spielerischen Umgang mit Farben und Formen findet. So entstand eine unvergleichliche Melodie, getragen von Tradition und Moderne, Ästhetik und Emotion.

Es ist stets leicht, Ergebnisse zu bewundern, wo doch der Weg dorthin das Spannende ist. Wie richtet man ein Schloss, genauer gesagt, sogar eine mittelalterliche Burg ein, ohne langjährige Erfahrung als Interior-Designerin? Eine Frage, der sich auch Christiane von Trapp stellen musste, als die Künstlerin sich der Restaurierung des familieneigenen Schlosses in den Tiroler Alpen zuwandte. Ein viel gelobtes Ergebnis heute, zu Beginn ein Mammut­projekt, dem die Deutsche mit viel Enthusiasmus begegnete. Trifft man sie persönlich, wird auch schnell klar: Von Trapp, die 2009 nach Österreich heiratete, bringt nebst viel Freude und Tatkraft auch einen einzigartigen Blick auf Dinge mit. Über sich selbst sagt sie gleich zu Beginn: »Ich liebe es, anders zu sein, und habe das auch kultiviert.« Ein Tag mit ihr auf der spätgotischen Burg gleicht einem Galopp in eine andere Welt, ihr Enthusiasmus ist mitreißend, ihrem spielerischen Zugang folgt man auf dem Fuß. Man klettert mit ihr über alte Steinmauern zu einem modernen Pool im eigens angelegten Garten, wieder zurück über Mansarden, enge Stiegen und lange Holzdielen von Zimmer zu Zimmer. Fluten von Farben und Eindrücken prasseln ungefiltert auf die Besucher:innen ein, während die Gastgeberin von ihrem Zuhause erzählt. Eines, welches trotz oder ob seiner Geschichte nicht wie ein Museum wirkt, sondern ein echter Wohlfühlort ist.

Eintönigkeit ist für Christiane von Trapp ein Fremdwort

Ihre übersprudelnde Begeisterung ist ansteckend. Die Auto­didaktin hält mit ihrem ursprünglichen Zugang nicht hinterm (Fried-)Berg. Jener ist erschütternd intuitiv. Andere Designer:innen tüfteln wahrscheinlich wochenlang daran, wie man eine schier endlose Zimmerflut einrichten kann. Jedem Zimmer seine Farbe? Eine unglaubliche Herausforderung, vor der sicher viele zurückschrecken. Aber Eintönigkeit ist für Christiane von Trapp ein Fremdwort. Und so wandelte sie Schloss Friedberg – eine der seltenen Rundburgen – die dem Gebäude einen zusätzlichen Charme verleihen – in ein modernes Refugium um. Dies trotz der großen Herausforderung, allem einen gemeinsamen Nenner zu geben, die historische Bausubstanz zu wahren und aus einem Schloss ein Zuhause zu machen. (Schloss-)Berge versetzen 2006 startete der Umbau des Schlosses, das seit 1844 in Familienbesitz der Grafen von Trapp ist und am Rande der einst so prachtvollen Salzstadt Hall majestätisch über dem Inntal thront. Drei Jahre sollte die behutsame Restaurierung dauern, die auch für den Außenbereich eine neue Auffahrt vorsah. Hierfür zeichnete der Salzburger Architekt Michael Ferch zuständig, ein Spezialist für denkmalgeschützte Gebäude mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz von mehr als 80 restaurierten Schlössern.

Für die Einrichtung zeichnete Christiane Trapp alleinig verantwortlich und bekam von ungewöhnlicher Seite Schützenhilfe – aus der eigenen Historie. Als erfolgreiche Porzellankünstlerin mit Ausstellungen in London und Monaco brachte sie ein unerschütterliches Farbgespür mit und einen einmaligen, im Nachhinein sehr richtigen Zugang zur Sache: »Wir starteten 2006 mit der Grundsanierung von epochalem Ausmaß und mir war schnell klar: Das Archaische muss erhalten bleiben. Wenn man die Seele eines Hauses erkennt, darf man sie nicht entstellen«, resümiert heute Christiane von Trapp über die Anfänge ihrer Arbeit an Schloss Friedberg und gesteht auch ein: »Ich wusste nicht, was mich erwartet, eigentlich habe ich mich mit dem Gebäude erst angefreundet, als wir es umbauten.« Für die Innenräume und deren Gestaltung schaffte von Trapp zuerst eine Struktur anhand von Stoffen, die die Expertin mit ihren bevorzugten Farbgruppen paarte und auf den Bauplan des Schlosses verteilte. Ein Mammutprojekt, das sie in nur einer einzigen Nacht konzipierte. Und das in einem einmaligen Farbspiel, welches bereits in ihrem Porzellan reüssierte.

Tradition mit einem Stretch zur Moderne

Für dieses Farbkonzept, das Mauve und Lindgrün mischt, ein Schlafzimmer in ver­wegenes Pfirsich gepaart mit Trompe-l’œil taucht und darauf wieder ein sanftes Eisblau folgen lässt, brauchte Christiane von Trapp nicht lange: »Ich war wie ein Bluthund auf der Spur und habe wie eine Löwin um meine Farben ­gekämpft.« Allen Unkenrufen zum Trotz folgte sie ihrer Vision und reiste nach Paris, um unglaubliche drei Kilometer an Stoff bei Marché Saint-Pierre einzukaufen. Feinster Zwirn spannt sich nun über Vorhänge und Möbel. Ein farbenfrohes Spiel der Texturen, dessen Ergebnis eine Reise in andere Epochen darstellt: Mittelalter, Rokoko und Moderne greifen ineinander, als sei dieser Twist eine ganz zufällige Selbstverständlichkeit. Dabei wurden auch Räume in ihren alten Zustand zurückgeführt, denn auch wenn sich Christiane von Trapp in der Moderne verhaftet sieht, spannt sie gerne den Bogen zur Tradition: »Ich bin eine Ästhetin und weiß, dass es sich in einem Schloss anders lebt. Deshalb habe ich es mit Tradition eingerichtet, mit einem Stretch zur Moderne.«

Dieses Erfolgsrezept kann man nicht nur auf 1.200 Quadratmetern edelster Wohn­fläche bestaunen, sondern auch in ihren Porzellan­werken, die sie seit 1995 konzipiert, von Hand bemalt und bei der ehrwürdigen deutschen Manufaktur Reichenbach herstellen lässt. Kunst, ganz ungekünstelt Auch hier ist ihr Zugang ein spielerischer, beinahe kindlicher, der ihr quasi schon in die Wiege gelegt wurde: Bereits als kleines Kind in Worms formte sie Figurinen und liebte Winzigkeiten. Puppenhäuser wurden so mit den eigenen Porzellanwerken gefüllt. Die Liebe zu diesem feinen, leicht transparenten Material begleitet sie seit jeher.

Farbe und Formen finden zueinander

Als sie später auf einer der vielen Lebens­stationen in Luxemburg landete, ließ sie sich dort zu Porzellandesignerin ausbilden. Der erste Coup: Fische, die, getunkt in Goldrand, am Porzellan schwimmen wie verlorene Traumwesen, die man zurück in die Welt holen möchte. Ein klassisches Porzellanmotiv bekommt so einen leicht psyche­delischen 60ies-Vibe. Heute ein Klassiker ihre Kollektion, ist diese um geometrische Formen in Silber, glitzernde Details aus Swarovski-Steinen und ungewöhnliche Motive wie das blaue Auge angewachsen und spiegelt die ganze Selbstverständlichkeit ihres Zugangs wider: Farbe und Formen finden hier zueinander, wie Hermès und Meissen, Nymphenburg und Co es einst so formidabel beherrschten. Dabei war und ist Trapp nicht auf das Material Porzellan beschränkt, auch wenn sie mit ihren Motiven von Friedberg bis New York für Furore sorgt – und sie auch ganz besondere Auftragsarbeiten annimmt.

Lebbare Geschichte

So zählen ihre handgemalten Aschenbecher mit Hundemotiven zu beliebten Geschenken in gehobenen Haushalten und spiegeln bei aller Bodenständigkeit das Aristokratische ihrer Umgebung wider. Ein Umfeld, das sie sich erarbeitete und welches das Leben wunderbar ergänzt: Ein bestes Beispiel dafür ist der Vater. Einst im profanen Leben erst Diplom-Ingenieur und danach Universitätsprofessor, malte er Selbstporträts, die sich heute nahtlos in die Ahnen­galerie der Trapps einfügen. Der klingende Name Trapp, nach dem auch ein Palais im nahen Innsbruck benannt ist, das zuvor Heimatsitz der Familie war, darf auch mit der weltbekannten Familie Trapp aus »Sound of Music« assoziiert werden. Die Konterfeis der Familie bebildern das Schloss genauso wie mannigfache Kunst. Da findet sich ein Daniel Richter nebst einem Edgar Diehl oder Renaissance-Klassiker wie ­Gemälde des Albrecht-Dürer-Schülers Kessler. Die Holzvertäfelung darunter bildet einen liebevollen Kontrast zur Kunst und fügt sich zeitgleich nahtlos ein. Wie es sich gehört, toben auch standesgemäß drei Hunde durch die Räumlichkeiten. Weniger standesgemäß ist deren Stammbaum, sind die doch alle durchwegs »gerettete Kinder«. Christiane von Trapp und ihr Mann Graf Gaudenz von Trapp haben ein großes Herz. Geht mal was daneben, ist das Malheur auch schnell behoben. Die ehrwürdigen Dielen haben gewiss mehr erlebt als das. Und auch das macht die Designerin und ihr Umfeld so sympathisch: Lebbare Geschichte wird hier mit herzlicher Nonchalance gepaart. Wahrscheinlich das Geheimrezept ihrer großartigen Entwürfe.

Erschienen in
LIVING 06-07/2024

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Melanie Gleinser-Moritzer
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