BÜHNE: Wie fühlt es sich an, bald die 250. Vorstellung von „Dorian Gray“ zu spielen?

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Markus Meyer: Es ist schon verrückt. 250-mal! Wer hätte das gedacht? Eigentlich sollte die Produktion nach zwölf Vorstellungen abgesetzt werden. Sie passte der damaligen Direktion nicht. Das Publikum hat sich jedoch gewehrt, an die Direktion geschrieben und somit die Absetzung verhindert. Daran erinnere ich mich bei jeder Vorstellung, wenn ich beim Verbeugen ins Publikum schaue.

Bist du immer noch aufgeregt?

Jedes Mal!

In einem Interview meintest du einmal, dass du immer etwas Neues im Text entdeckst. Was war das zuletzt?

Den letzte Monolog im Stück spreche ich jedesmal anders. Letztes Mal habe ich zu weinen begonnen …das war neu und überraschend für mich. Ich hab‘s zugelassen …

Worin liegt, deiner Meinung nach, die große Anziehungskraft dieser Figur?

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Es geht ums Altern, es geht um Schönheit, es geht um Vergänglichkeit, um Eitelkeit und Hochmut – große Themen, die viele Menschen immer wieder beschäftigen, in der Jugend genauso wie im Alter.

„Eigentlich sollte die Produktion nach zwölf Vorstellungen abgesetzt werden. Sie passte der damaligen Direktion nicht.“

Markus Meyer, Schauspieler

Ist der Wunsch des Dorian Gray für dich nachvollziehbar oder ganz weit weg?

Er ist bedingt nachvollziehbar für mich. Die körperliche und geistige Agilität der Jugend immer behalten zu können – ja, das wünsche ich mir auch. Aber zu sehen, wie alle anderen um mich herum älter werden und sterben, während ich weiterhin jugendlich bleibe und für immer lebe … nein, das ist kein schöner Gedanke.

Was macht dir an dieser Inszenierung am meisten Spaß?

Ich freue mich bei jeder Vorstellung auf das Produktions-Team. Das Team hat natürlich im Laufe der Zeit gewechselt, aber viele begleiten mich schon über viele Jahre – somit sind wir sehr eng zusammengewachsen. Das Team gibt mir die nötige Ruhe und Vertrautheit für die Vorstellung. Das ist sehr schön!

Möchtest du noch etwas loswerden?

Bei jeder Vorstellung bekomme ich fast den gesamten den Text über einen In-Ear-Kopfhörer zugespielt. Da ich während der Vorstellung nicht auf die Videos schaue, hilft mir diese Zuspielung dabei, das Timing meines Spiels präzise mit den Videoaufnahmen abstimmen zu können. Die zugespielte Aufnahme wurde von der Souffleuse Gabriele Barth vor 15 Jahren, während unserer Probenzeit, eingesprochen. Gabriele hat mich in den ersten 100 Vorstellungen als Souffleuse und dann auch live begleitet und saß in der Vorstellung mit ihrem Textbuch in der ersten Reihe. Gabriele ist vor ein paar Jahren in Ruhestand gegangen und letztes Jahr gestorben – bei jeder Vorstellung begrüße ich sie gedanklich, sobald ich ihre Stimme über das In-Ear zugespielt bekomme: „Hallo Gabriele, auch wieder da! Wie schön, Dich zu hören! Dann wollen wir beiden mal wieder. Auf ein Neues ...“

Dorian Gray
„Dorian Gray“ im Akademietheater.

Foto: Reinhard Werner