Zum Inhalt springen
(c) beigestellt

Zehn nachhaltige Luxushotels: Wie Architektur, Natur und Vision im Einklang stehen

Hotel
Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit liegt im Trend, aber nur wenigen Hotels gelingt es, Tradition und Moderne auf kreative Weise zu fusionieren. Bei manchen spürt man, wie viel Herzblut 
sie in Details legen, damit wir uns rundum wohl fühlen.

Umweltbewusstes Traditionsdenken und mutige Moderne müssen sich nicht ausschließen. Im Gegenteil, oft gehen sie spannende Verbindungen ein. Das »Olm Nature Escape« sieht mit seiner runden Form wie ein Raumschiff aus, das gerade gelandet ist. Zugleich soll die »Olm«, wie der Name schon ausdrückt, Erinnerungen an eine klassische Alm wecken: mit duftendem Lärchenholz an den Innenwänden, das eine warme Atmosphäre schafft. Der Blick schweift in den grünen Innenhof samt Naturbadeteich und zu den imposanten Dolomiten und ins Tauferer Ahrntal. Das »Olm« ist Südtirols erstes energieautarkes Aparthotel, gebaut aus regionalen Baustoffen, betrieben mit Energiequellen wie Erdwärme, Sonnenenergie und Wasserkraft. Die ungewöhnliche Form des Baus ist durchaus symbolisch zu verstehen: als Kreislauf der Natur, aber auch als Erinnerung an jene Mühlsteine, die einst im Tal die Getreidemühlen betrieben. Entworfen von Andreas Gruber Architekten prägen Glas, Holz und mineralische Oberflächen die Innenräume der Urban Alp.

Von der Ausstattung setzt man auf modernstes Hightech, um nah an der Natur zu sein. Auch das ist kein Widerspruch: Wer auf lästige Plastikzimmerkarten verzichten möchte, für den öffnet ein Armband die Türen – das Zimmer erkennt nicht nur, ob die Gäste anwesend sind, und steuert so die Temperatur und die Beleuchtung, sondern scannt auch den Herzschlag. Wahrscheinlich weiß die eigene Sauna dadurch schon vor einem selbst, wann man bereit für einen Aufguss ist – oder zu müde für alles. Dann schaltet die Sauna einfach von selbst das Licht aus.

Weniger ist mehr

Natürlich beginnt Nachhaltigkeit bei der Architektur – aber sie hört bei den Tischdecken auf. Wie werden sie ­gewaschen, welche umweltfreundlichen Putzmittel kommen zum Einsatz? Wie schonend geht man mit den Ressourcen um? Nachhaltigkeit liegt im Trend, bei vielen Hotels bleibt es bei oberflächlichen Lippenbekenntnissen. Die wahren Pioniere erkennt man an den liebevollen Details. So verzichtet das »Gradonna Mountain Resort« in Kals am ­Großglockner bewusst auf Tischtücher. Weniger ist mehr, ein Motto, das sich im Nachhaltigkeitsbereich mehr denn je bewahrheitet. Je minimalistischer alles ist, desto besser kann man sich aufs Wesent­liche konzentrieren, etwa die köstlichen Zutaten aus der Region auf dem Teller. Aber auch die verwendete Kosmetiklinie ist tierversuchsfrei, vegan und zertifiziert. Die 41 Chalets sind alle in Holzbauweise mit Niedrigenergiestandard gebaut. Das Wasser kommt von einer eigenen Bergquelle aus den Hohen Tauern. Und die Biowärme wird im eigenen Hackschnitzelwerk erzeugt. Und noch eine sympa­thische Novität: Das Resort ist autofrei. Mit dem Zug Reisende werden vom hoteleigenen Hybridauto abgeholt.

Im Glashaus

Birgit und Heinz Reitbauer haben mit ihrem international gefeierten Fine-Dining-Tempel »Steirereck« in Wien bewiesen, dass sie klare zeitgenössische Architektur schätzen. Als Spitzengastro­nom:innen sind sie dafür bekannt, ihre puren, ursprünglichen Produkte auch in der Sterneküche einzusetzen, die lange nicht sonderlich regional geprägt war. Ihre Dependance, das »Steirereck am Pogusch«, ist komplett auf Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Offenheit ausgerichtet – so können die Gäste gern in die Küche kommen, um zu sehen, was zubereitet wird. Neben den formschönen Baumhäusern, in denen man übernachten kann, gibt es nun auch ein Glashaus. Die Inspiration kam tatsächlich vom Duft der unterschiedlichen Pflanzen und von den magischen Momenten, wenn man von Gemüse und Blumen umgeben ist. Der Mensch passt sich in den zehn Kabanen der Natur an: Es handelt sich um ein »Kaltglashaus«, das bedeutet, dass sich die Temperatur mit der jeweiligen Saison ändert – immer im Sinne der Pflanzen­gesundheit. Der großzügige Waschbereich wird von allen Kabanen gemeinsam genutzt, zudem gibt es eine Ahorn-Sauna mit Panoramablick. Die Reitbauers meinen es ernst mit ihrem Konzept, dass man der Natur wieder näherkommt: Wer im Garten, in der Landwirtschaft oder in der Küche mithilft, der zahlt um die Hälfte weniger. Nach der Arbeit schmeckt das Essen nicht nur besser, sondern man versteht auch, wie viel Liebe und Aufmerksamkeit in den servierten Produkten steckt. Eine Win-win-Situation für alle Seiten.

Das »Cervo Mountain Resort« versteht sich als Kraftort am Fuße des mystischen Matterhorns und wurde nach dem ­Schweizer Nachhaltigkeitslabel »Sustai­nable Living« klassifiziert. Nicht nur der verantwortungsbewusste Umgang mit der Natur und eine nahezu vollständige Deckung des Energiebedarfs aus nachhaltigen Quellen stehen dabei im Zentrum, sondern auch eine Vernetzung mit anderen Labels, die für umweltfreundliche Ziele eintreten. So können die Gäste über die gemeinnützige Schweizer Stiftung myclimate einen CO2-kompensierten Aufenthalt buchen – jeder Beitrag wird vom »Cervo« verdoppelt.

 

Klares Wasser

Weil die Wasserqualität in Zermatt perfekt ist, spendet das Hotel zehn Prozent der Einnahmen an Wassergetränken an die Foundation Water Is Right, die sich weltweit für den Zugang zu sauberem und bezahlbarem Trinkwasser einsetzt. Und das Restaurant »Bazaar« bietet von früh am Morgen bis spät am Abend zahlreiche vegetarische und vegane Optionen an. Letztendlich ist Nachhaltigkeit immer ein Gesamtkonzept, das man an vielen Stellen merkt, oft aber einfach nur spürt. Unter anderem auch daran, dass es wenig Wechsel im Personal gibt: Wenn alle an einem Strang ziehen, ist das auch für Gäste ansteckend und wohltuend. Und absolut zukunftsweisend.

Hoch hinaus

Oft sind es Kinderwünsche, die auch im Erwachsenenalter glücklich machen. Ein Baumhaus ist ein Abenteuer, das nie seinen Reiz verliert. Man fühlt sich dem Alltag entrückt, zwischen den Baumwipfeln schläft man gleich ganz anders. Das Fünf-Sterne-Wellnesshotel und Adults-only-Haus »My Arbor« setzt auf den Sehnsuchtsort Baumhaus, wo sich in der Nacht die Sterne beobachten lassen und auch tagsüber der Himmel ganz nah ist. Das Gebäude fügt sich harmonisch in die Landschaft ein, die großen Fenster bieten ein Rundumpanorama. Einwegverpackungen hat man aus dem Hotel verbannt, die Produkte kommen direkt aus der Region. Man legt großen Wert auf ein diverses und weltoffenes Team. Und auch die Gäste sollen ihrem ganz eigenen Rhythmus folgen können. Oft nervt es, dass es das Frühstück nur bis zehn Uhr gibt und der Pool früh schließt. Wer möchte schon im Urlaub einen Wecker stellen? Deshalb gibt es im »My Arbor« das Frühstück bis mittags, Schwimmen geht auch nach Sonnenuntergang und ein umfangreiches Yogaprogramm (auch direkt im Wald!) wird zudem angeboten.

Zur Nachhaltigkeit gehört, was auf den Tellern landet. Fine Dining hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Wurden früher nur die Filetstücke aus aller Welt serviert (inklusive ­Gänsestopfleber), denkt man mittlerweile regionaler und bewusster. Das macht es auch für die Gäste spannender, die so die Besonderheiten einer Gegend kulinarisch kennenlernen. Während die Küche früher international und überall sehr ähnlich war, ist sie mittlerweile auf den jeweiligen Ort zugeschnitten. Und auch steife Tischetiketten haben ausgedient. Essen ist Populärkultur, die auch ein junges Publikum ansprechen soll. Ein gutes Beispiel, wie gemütliche Ursprünglichkeit und innovatives Essen zusammengehen, ist das Gourmethotel »Rote Wand« in Lech, wo sich Winterurlaub, Wellness und Vier-Hauben-Chef’s-Table perfekt kombinieren lassen. Das Designhotel wirkt wie ein uriger Gasthof und liegt im ruhigen Stadtteil Zug. Und das Essen von Ausnahmekoch Julian Stieger ist eine Klasse für sich.

Architektonische Ansage

Viele Hotels lassen sich von der Natur inspirieren. Dadurch passen sie in eine archaische Landschaft, die nicht mit Allerweltsarchitektur verschandelt werden sollte. Das »COMO Alpina Dolomites« liegt auf der Seiser Alm und ist eine spannende architektonische Ansage. Die Fassade besteht aus Quarzit-Naturstein aus der Region, man betritt das Hotel durch einen Eingang, der einer Felsenspalte ähneln soll. Auch drinnen ist viel aus natürlichen Materialien, die großen Fenster nutzen das Tageslicht. Innovation und Tradition gehen eine kreative Fusion ein. Obwohl man vegetarische und vegane Alternativen mittlerweile auch in Restaurants in Skiregionen findet, möchte man nicht immer nachfragen müssen, ob es denn etwas ohne Fleisch auf der Speisekarte gibt. Im »Paradiso Pure.Living«, ebenfalls auf der Seiser Alm gelegen, gibt es deshalb ein veganes Restaurant. Aggeliki Charami ist eine Visionärin der veganen Gastronomie, sie ist auch die treibende Kraft hinter dem preisgekrönten »Koukoumi Resort« auf Mykonos. Für das »Paradiso« hat sie ein exklusives veganes Menü entworfen, das mit Bioprodukten aus der Region gekocht wird. Es sieht 
so kunstvoll aus, dass selbst Fleischesser:innen freiwillig vegan werden. All diese Beispiele verkörpern Nachhaltigkeit im besten Sinn: Man agiert nicht didaktisch, sondern überzeugt – mit Argumenten, die einfach fantastisch schmecken und toll aussehen.

Erschienen in
LIVING 09/2024

Zum Magazin

Karin Cerny
Mehr zum Thema
1 / 12