Die schönsten Tiny Shops: Warum kleine Geschäfte und der analoge Einkauf wieder im Trend liegen
Sie sind klein, aber voller Überraschungen. Tiny Shops boomen, weil sie auf wenig Platz zeigen, wie kreative Raumgestaltung aussehen kann. Oft verschwimmen die Grenzen: So manches Geschäft sieht wie eine Kunstgalerie aus. Das Ziel: Einkaufen zum Erlebnis machen.
Jede Epoche hat ihre Shops. Die Musik der Nullerjahre feierte die Mall als Ort der grenzenlosen Freiheit. »Complicated«, die Debütsingle der Kanadierin Avril Lavigne, zeigte 2002 eine Skatergruppe, die ein Einkaufszentrum unsicher macht. Kein Wunder, dass die gehypte Netflix-Show »Stranger Things«, die auf Retro-Charme setzt, den Sieg der Unterwelt in einer Mall beginnen lässt. Die Mall war nicht nur in den USA das Sinnbild einer vielversprechenden Zukunft. Bis jedes Dorf ein gesichtsloses Einkaufszentrum in der Peripherie hatte – und die kleinen Shops in der Innenstadt ausstarben.
Comeback der Realität
Der Siegeszug des Online-Shoppings besorgte den Rest, um gerade kleinen Läden das Wasser abzugraben. Zum Glück erzeugt jede Bewegung einen Gegentrend. In den letzten Jahren erleben wir einen Boom an Tiny Shops, die ein Comeback des Einkaufserlebnisses zelebrieren. Diese Mini-Concept-Stores setzen auf überraschende Konzepte – und wirken oft, als wären sie eine Galerie. Ein gutes Beispiel dafür ist der Mailänder Shop »Volgare«, in dem Mode auf Motorsport trifft. 45 Quadratmeder klein ist der Laden, aber die Decken sind vier Meter hoch. Beton, Glasfliesen und Terrazzo prägen den eklektizistischen Shop. Die Sturzhelme für Motorräder liegen wie Kunstgegenstände auf Sockeln, die aus Marmor, Holz und Leder sind. Eine Sitzecke im Retrostil sorgt für Gemütlichkeit, um Herrenschuhe anzuprobieren. Viele neue Tiny Shops sind kosmopolitische Zeitreisen. Sie spiegeln die länderumspannende Herkunft der Besitzer:innen wider. Die schwedische Konditorei »Kanel« etwa wurde 2020 in Thessaloniki eröffnet. Der minimalistische Stil ist nordisch, aber die warmen Terrakotta-Farben sind südländisch inspiriert.
Kleine Shops brechen aber auch gern mit Erwartungen. So verbindet man Trafiken nicht mit poppigen Farben. Das in Toronto gegründete Cannabis-Unternehmen Superette hat mit seinem jüngsten Kioskprojekt »Sip ’n Smoke« für weltweites Aufsehen gesorgt: Es wirkt, als wäre ein knallbuntes Comicbuch zum Leben erwacht. Verkauft werden auch Getränke und Lifestyle-Artikel wie tragbare Lautsprecher, Decken und Flaschenöffner.
Blumen-Labor
In der Nähe der koreanischen Hauptstadt Seoul wiederum hat ein Blumengeschäft aufgemacht, das in zartes Himmelblau getaucht ist. Im hinteren Bereich befindet sich ein Tisch mit acht Stühlen und von Laborgeräten inspirierte Leuchten. Hier können die Besucher:innen ihre eigenen Blumensträuße basteln. Das Laborcharakter wird also auch inhaltlich umgesetzt, es gilt, selbst Hand anzulegen. Wobei die warme Wandfarbe und das kalte Laborsetting in »o’flower« einen eigenwilligen Kontrast erzeugen. Tiny Shops werden so zu ungewöhnlichen Erfahrungsorten. Im Vergleich dazu ist Online-Shopping tatsächlich enorm langweilig.