Wohnen ohne Grenzen: Glas als Baustoff
Transparente Räume, weite Ausblicke, unsichtbare Technik: Glas verändert, wie wir wohnen. In der modernen Architektur wird es auch im privaten Hausbau zum Schlüsselmaterial für Leichtigkeit, Offenheit und Energieeffizienz – und zum stilprägenden, atmosphärischen Element eines neuen, lichtverwöhnten Sommers.
Der Blick schweift ungehindert durch den Raum hinaus ins Grüne, zum Horizont. Wände aus Glas machen den Sommer zum Mitbewohner, schaffen Transparenz, visuell, atmosphärisch, funktional. 2025 hat man keine Lust mehr auf dicke Mauern und bescheidene Fenster. Weitblick ist angesagt. Was früher als Grenze galt, wird heute zur Verbindung zwischen innen und außen, Licht und Raum, Architektur und Landschaft. Wer neue Eigenheime im Land bestaunt, stellt schnell fest: Im privaten Wohnbau ist Glas zum Schlüsselmaterial geworden – nicht nur aus gestalterischer Sicht, sondern auch technisch. Und gerade in den Sommermonaten zeigt sich, was moderne Glasarchitektur tatsächlich kann: Sie ermöglicht neue Freiräume und Gestaltungsoptionen, ohne auf Komfort, Schutz oder Energieeffizienz zu verzichten.

Naturverbunden wohnen
Mit rahmenlosen Glasschiebefenstern entsteht hier ein fließender Übergang zwischen innen und außen – minimalistisches Design mit Panoramaeffekt.
swissfineline.com

Transparenz trifft Technik
Der Wintergarten mit Glasfaltwänden und Glasdach öffnet sich flexibel zur Natur.
solarlux.com
Weitblick als neues Wohngefühl
»Glas steht für Großzügigkeit, Weitblick und Offenheit«, sagt Architekt Hannes Ritzinger aus Krems. Seit Jahren schon plant er Häuser mit großen Glasflächen und reduziertem Materialeinsatz. Sein Bauprojekt für das Weingut Gritsch in Spitz an der Donau beispielsweise wurde zuletzt mit dem German Design Award ausgezeichnet. Die Jury honorierte dabei unter anderem den gelungenen Einsatz von Glas als eine nahezu unsichtbare Verbindung zwischen den einzelnen Gebäudeteilen und der umgebenden Wachauer Landschaft. »Glas ist ein Baustoff ohne Körper und wird daher dort eingesetzt, wo man am liebsten nichts hat«, bringt es Ritzinger auf den Punkt. Gerade deshalb komme es auf eine präzise Planung der Anschlüsse an, damit die Wirkung nicht durch zu viel Technik oder sichtbare Strukturen verloren geht. Raffstores und konventionelle Beschattungen lehnt er ab: »Ich bevorzuge konstruktive Lösungen wie Vordächer. Die Technik darf nicht dominieren.«
Technische Präzision hinter transparenter Ästhetik
Mit dem Verschwinden von Rahmen und Führungssystemen verschwimmen auch die Grenzen des Raumes selbst – daran arbeitet Christian Paltram mit seinem Unternehmen Livingglas. »Glas ist die Materialisierung des Unsichtbaren«, sagt er. Gemeinsam mit dem luxemburgischen Partner Keller minimal windows entwickelt Livingglas rahmenlose Schiebefenster und -türen für den österreichischen Markt. Die Profile sind so schmal – teils nur 21 Millimeter, dass der Eindruck ungestörter Transparenz entsteht. Paltram: »Was Bauherr:innen und Architekt:innen schätzen, ist die technische Präzision hinter der Ästhetik. Ein einzelnes Glaselement kann bis zu eineinhalb Tonnen wiegen – und trotzdem leicht mit einer Hand bewegt werden.« Möglich machen das feinjustierte Edelstahlrollen, die versteckt und lautlos im Boden laufen. Die Systeme lassen sich auf Wunsch motorisieren oder automatisieren, auch per Sensorsteuerung.
Architekt Reginald Artur Chociwski überzeugt das Zusammenspiel aus Funktion und Ästhetik: »Die nahezu rahmenlosen Glasflächen ermöglichen eine atemberaubende Offenheit und schaffen fließende Übergänge zwischen Innen- und Außenraum.« Sie erschaffen so eine neue Art des Wohnens – leicht, klar, reduziert.
Dass Glas heute auch höchsten technischen Anforderungen gerecht wird, zeigt die Leistungsbilanz: Zertifizierung nach dem Schweizer Minergie-Standard, U-Wert von 0,65 W/m²K, Schalldämmung von bis zu 46 Dezibel. Die eingesetzten Materialien sind alle zu 100 Prozent recycelbar, optional gibt es auch Sonnenschutzgläser mit Werten bis zu 23 Prozent sowie selbstreinigende Beschichtungen. Neben Livingglas bereichern auch Anbieter wie Josko, Solarlux und swissFineLine das Feld. Sie alle bieten trotz maximaler Transparenz höchste technische Performance – von Wärmedämmung auf Passivhausniveau bis hin zu Einbruchschutz nach RC4-Standard.

Die Wachau im Glas
Im prämierten Weingut Gritsch inszenierte Architekt Hannes Ritzinger Glas als Schnittstelle zur Wachau.
ritzinger-architektur.at
Doch bei aller Offenheit: Glasarchitektur verlangt Maßgefühl. »Nicht jeder Raum profitiert von maximaler Transparenz«, sagt Ritzinger. »Für Rückzug, Intimität, Privatsphäre und Geborgenheit braucht es andere Mittel.« Auch das ist Teil der modernen Planung. Denn was nach Einfachheit aussieht, ist das Ergebnis sorgfältiger Abstimmung von Form, Funktion und Material. »Man muss die Nutzer:innen gut kennenlernen und den Einsatz von Glas richtig wählen, um auch die gewünschte Wohn- und Lebensqualität zu erreichen«, sagt der Architekt.
Genau genommen ist Glas heute nicht nur ein Baustoff, sondern ein Dialogpartner – mit dem Licht, der Umgebung, den Menschen, die dahinter wohnen. Transparenz allein genügt nicht. Für Architekten wie Ritzinger oder Chociwski zählt deshalb die Stimmung, die ein Raum erzeugt. Darin liegt die wahre, glasklare Qualität: Wenn sich an einem Sommertag ein gläsernes Element nahezu lautlos zur Seite schiebt – und plötzlich nicht nur der Wohnraum, sondern auch das Leben an Weite gewinnt.