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»Farmstand Chic«: Zum Anbeißen schön

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Trend

Ob filigrane Kräutermotive, kunstvoll bemaltes Gemüsegeschirr oder rustikale Servierplatten in Blattform – der »Farmstand Chic« transportiert blühende Gärten direkt auf unsere Tafel. Ein geschmackvolles Tischkonzept, das Genuss für alle Sinne verspricht.

Leichte Salate, angerichtet auf kunstvoller Keramik in ­Artischockenform. Crudités auf blattförmigen Serviertellern, daneben farbenfrohe Salz- und Pfefferstreuer, die wie Maiskölbchen anmuten. Frische Kräuter präsentieren sich auf ebenso erfrischendem Geschirr mit zartem Lavendel­motiv. »Farmstand Chic« – oder auch »Cabbageware« – nennt sich der form- und farbenfrohe Designstil rund um Früchte, Gemüse und Kräuter, der sommerliche Esstische in lebendige Blickfänge verwandelt.

Botanische Eleganz
Die handgefertigte »Bea«-Serie in Craquelé-Glasur von Bloomingville bringt frische Gartenkräuter und -blumen auf den Teller.

© bloominville

Keramik-Couture
Die handbemalte »Radicchio« Kollektion von Les Ottomans ist eine stilvolle Hommage an die »Cabbageware« des 19. Jahrhunderts.

© les ottomans

Formen der Vergangenheit

Gewusst? Tableware in Form von Gemüse hat eine lange Tradition, die rund 300 Jahre in die Vergangenheit reicht. Seinen Anfang nahm alles mit dem ersten europäischen Porzellanbrand im Januar 1708: Dieser technische Durchbruch ermöglichte es den westlichen Manufakturen, unabhängig von China selbst »Weißes Gold« zu produzieren. 1710 folgte die Gründung der ersten europäischen ­Porzellanmanufaktur in Meissen, deren leicht formbares Material eine unglaubliche Vielfalt an Gestaltungsmöglich­keiten bot – darunter naturgetreue Pflanzendarstellungen, geprägt vom verspielten Rokokostil mit seinen Pastellfarben und geschwungenen Silhouetten. Es dauerte nicht lange, bis weitere Manufakturen in ganz Europa nachzogen, etwa Longton Hall aus England oder der Fayence-Hersteller Companie Strasbourg-Haguenau aus Frankreich. Ihre Trompe-l’œil-Kreationen reichen von Zucker­dosen in Kürbisform über von Himbeeren umrankte Teekessel bis hin zu Schälchen, die Kohlblätter au naturel simulieren.

Seit dem späten 18. Jahrhundert ergänzen tonbasierte Varianten den Markt: E. B. Napoli aus Italien oder portugiesische Werkstätten wie Bordallo Pinheiro und José Alves Cunha fertigen das Gemüsegeschirr nun aus robuster, preiswerter Majolika-Keramik in intensiven Farben. Der Trend erreicht die USA, wo Wannopee aus Connecticut um 1900 Majolika-Tafelsets kreiert. In den Folgejahren wird es ruhig um die »Cabbageware« – bis sie in den Sixties ihr Comeback erlebt. Marken wie Wannopee werden wiederentdeckt und Designer:innen wie Dodie Thayer tragen zur Beliebtheit der »Lettuce Ware« bei, die auch bei Frank und Barbara Sinatra, C. Z. Guest oder Jackie Kennedy Onassis großen Anklang findet.

Ein Stück Vergangenheit
Mit ihrer Tomatenform ist diese Butterdose von Bordallo Pinheiro ein charmantes Vintage-Highlight auf jeder Tafel.

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Salz, Pfeffer und Mais
Vom Bauernstand direkt auf die »Farmstand Chic« Tafel: Salz- und Pfefferstreuer in Maiskölbchen-Form als Blickfang.

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Man nehme Blätter vor den Mund

Wer antike »Cabbageware«-Sets sein Eigen nennen möchte, wird heute bei Auktions­häusern wie dem Dorotheum oder Sotheby’s fündig. Zeitgleich bringen Marken wie Sur La Table, Les Ottomans, Oliver Bonas, &klevering Amsterdam und sogar Target derzeit eigene Kollektionen auf den Markt. 2015 erschien zudem eine Kollaboration zwischen Tory Burch und Startöpferin Dodie Thayer. Im Fokus des Revivals steht eine verspielte, naturverbundene Ästhetik mit nostalgischem Charme: Der sogenannte »Farmstand Chic« inszeniert Gemüse, Obst und Kräuter des Bauernstands als dekoratives Stilmittel. Minimalistische Formen weichen handwerklich gefertigten, organischen Designs, ganz im Sinne des Maximalismus. Farbintensive Stücke fungieren dabei als Blickfang: Salz- und Pfefferstreuer in Form grüner Erbsenschoten, dazu Wasserkrüge in bunten Gemüseformen. Wer es ruhiger mag, greift zu Tellern in dezenten Farben mit feinen Kräutermotiven, dazu passend kombiniert man natürliche Textilien mit zartgrünen Pflanzenmustern. Gläser können entsprechend dem Gesamtdekor eingesetzt werden: bunt und geschwungen auf schlichten Tischen, neutral und geradlinig auf besonders überbordenden Tafeln. Feste Regeln gibt es allerdings keine. Erlaubt ist, was persönlich ist, Freude und – vor allem – Appetit macht.

Porzellanpoesie
Ein Hauch von Gartenromantik: Bitossis Servierteller aus Porzellan mit Goldrand und detailreichem Dekor in Grün.

 

© bitossihome

Florales Stillleben
Blumen für die Ewigkeit: Die mundgeblasene Glaskaraffe von Dior zeigt ein gläsernes Bouquet aus Maiglöckchen.

© dior

Erschienen in
LIVING 06/2025

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Christina Horn
Autor
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