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Wassersommeliers im Gespräch

Die Weisen erfreuen sich am Wasser: Das wusste schon Konfuzius. Grund zur Freude bietet das kostbare Nass allemal, denn es bedeutet nicht nur Leben, sondern auch Genuss, den Wassersommelièren und -sommeliers bis in den kleinsten Tropfen benennen können.

Titelbild: Wasser sollte man am besten bei Zimmertemperatur genießen.

Wasser. Es ist überlebenswichtig für Flora, Fauna – und für uns Menschen. Unser Körper besteht, je nach Alter und Geschlecht, zu 50 bis 70 Prozent aus Wasser, das zig essenzielle Funktionen erfüllt. Wer nicht ausreichend trinkt, riskiert Organschäden und Dehydration; bereits nach drei Tagen ohne Wasser droht der Tod. Der genaue Bedarf ist stark abhängig von diversen Faktoren – angefangen bei körperlicher Aktivität, ­Gewicht und Größe bis hin zur Temperatur – und reicht von ein bis drei, in manchen Fällen sogar bis zu zehn Litern pro Tag, wie eine Studie rund um Yosuke Yamada 2022 herausfand. Als Faustregel gilt aber: Wer Durst hat, sollte trinken. Zur Auswahl ­stehen unzählige erfrischende Optionen.

Wasser ist nicht gleich Wasser

Ob Mineral oder Soda, Quelle oder Tafel: Wassersommelièren und -sommeliers beschäftigen sich seit den frühen 2000er-Jahren auf professioneller Ebene mit den verschiedenen Wasserarten, ihrer sensorischen Bewertung, Herkunft, Zusammensetzung und ihren gesundheitlichen Vorteilen. Die erste Wassersommelier-Schule wurde erst 2005 vom Deutschen Mineralbrunnenverband (VDM) gegründet. Zu den wenigen Spezialist:innen weltweit zählt Dr. Peter Schropp: Der ­Lebensmitteltechniker leitet den Verband Wassersommelier Union e. V. und ermöglicht es Interessierten, tiefer in die Materie Wasser einzutauchen. »Im Prinzip sind wir Wasserbotschafte-r:innen, die die Produkte verkosten und gegenüber Verbraucher:in­nen, Gastronomie oder Handel erklären und kommunizieren können«, erklärt er. Diese Kommunikation beginnt bei der Bestimmung der Wasserarten, die mit dem Leitungswasser startet. In Österreich beziehen wir dieses aus dem naturbelassenen, geschützten Grundwasservorkommen, wenn nötig auch aus Niederschlagswasser. Damit befinden wir uns in einer glücklichen Position, denn weltweit sind laut UN Environment Programme 94 bis 220 Millionen Menschen zig Verunreinigungen in ihrem Grundwasser ausgesetzt. Und sogar hier­zulande muss das Leitungswasser mitunter chemisch oder physikalisch aufbereitet ­werden – zulässig sind etwa Chlorung oder UV-Bestrahlung. Strenger ist es um das ­natürliche Mineralwasser bestellt. »Dieses Naturprodukt muss immer aus unterir­dischen, vor Verunreinigungsrisiken geschützten Wasservorkommen stammen«, weiß Dr. Peter Schropp. »Es benötigt als einziges Lebensmittel eine amtliche Anerkennung, damit man es verkaufen kann.« Das Produkt enthält von Natur aus Mineralien, die auf dem Etikett gelistet werden müssen und deren Gehalt sich von Region zu Region unterscheidet. Eine spezielle Art des Mineralwassers ist das Heilwasser, das in Deutschland unter das Arzneimittelgesetz und in Österreich unter die Lebensmittelgesetzgebung fällt. »Heilwasser muss heilende oder lindernde Wirkungen haben und ist dementsprechend höher mineralisiert; so kann es Defizite ausgleichen«, erklärt der Sommelier. Daneben können wir uns mit Quellwasser, das weder eine amtliche Anerkennung noch eine konstante Mineralisierung benötigt, und Tafel- oder Sodawasser, dem Kohlensäure oder Mineralstoffe künstlich zugesetzt werden, erfrischen. Der Griff ins Mineralwasserregal verspricht auch gesundheitliche Vorteile. »Wir haben in Mitteleuropa eine wahnsinnige Vielfalt an Mineralisierungen«, ist der Wassersommelier begeistert. Man wählt den persönlichen Bedürfnissen entsprechend aus – Wässer mit hohem Kalziumgehalt etwa können, so der Experte, Osteoporose vorbeugen. Ein hoher Magnesiumgehalt hingegen eignet sich dazu, Muskelkrämpfe nach dem Sport zu vermeiden, während Silizium Haut, Haare und Nägel stärkt. Und: »Sehr niedrig mineralisierte Wässer werden als Detoxvariante propagiert, da sie den Körper schneller ausschwemmen!«

2023 wurden in Österreich mehr als 83 Liter Mineralwasser pro Kopf getrunken.

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Der Geschmack des Wassers

»Wasser guter Qualität ist immer geruchsneutral, der Geschmack kann jedoch stark differieren. Dabei fokussiert sich der -sensorische Charakter auf den Geschmack und auf das Mundgefühl«, weiß Dr. Peter Schropp. So bringt Kohlensäure ein -prickelndes Gefühl und einen leicht säuer-lichen Charakter mit sich – für uns im Westen bedeutet das Erfrischung pur, in Asien empfindet man die Kohlensäure hingegen als zu scharf. Daneben bestimmen Mineralstoffe, chemisch gesehen Salze, wie das Wasser schmeckt. »›Salzig‹ ist aber nur mit Natrium verbunden«, klärt der Sommelier auf. Magnesium hingegen sei meist süßlich, Kalzium wiederum vermittle ein trockenes Mundgefühl. Diese Eigenschaften sind wichtig für das Water-Food-Pairing – und zählen für die österreichische Wassersomme-lière Denise Hofmeister zu den spannendsten Kapiteln ihres Jobs: »Das hochmineralische ›Donat‹ beispielsweise würde ich zu einem Steak empfehlen. ›Wossa‹, das eine geringe Mineralität aufweist, empfehle ich gern zu Sushi.« Auch pH-Wert, Jahrgang und Härte sind relevante Faktoren. Letztere wird durch Kalzium und Magnesium bestimmt – je -höher diese, desto härter und mineralischer das Wasser, je niedriger, desto weicher, -süßlicher und besser geeignet, um damit zu kochen. Im Idealfall trinkt man aus dem Glas, ergänzt die Sommelière: »Bei Verkostungen greift man zum geraden Stielglas.«

Von Wundern und Wässern

Ob energetisch aufgeladen oder zu Vollmond abgefüllt – für manche ist Wasser noch ein Stückchen mehr. Zu den »Wunderwässern« zählt unter anderem Grander: Dabei sollen mittels eines schwach magnetisierten ­Metallzylinders Struktur und Qualität verbessert werden. Erfunden wurde es vom Österreicher Johannes Grander, der auf ­Basis einer göttlichen Eingebung begann, belebtes Wasser zu erforschen und 1979 den Grander-Vertrieb gründete. Kund:innen berichten von weicherem, kalkfreierem Wasser. »Bei Grander kann man wissenschaftlich allerdings gar nichts nachweisen«, weiß der Wassersommelier. Altbewährt sind zudem Wässer, denen Edelsteine wie Quarz, Amethyst oder Citrin beigefügt werden. Die »Heilsteine« sollen das Nass vitalisieren und energetisch aufwerten und, je nach Stein, positiv auf Kreativität, das Immunsystem und mehr wirken. Produkte wie »Vitajuwel«, die Glasphiolen mit Edelsteinmischungen in ihre Flaschen integrieren, findet man sogar in Luxushotelketten wie »Six Senses«. Ein weiteres Trendprodukt: das »hochenergetische« Vollmondwasser, abgefüllt in den Nächten der »Luna plena«. »Für mich ist das alles etwas zu esoterisch. Spannend sind diese Themen aber schon.« Ob Wunder oder Placebo, das liegt also im persönlichen Ermessen. Fakt ist: Es nährt, erfrischt, überrascht. Wer Wasser bewusster konsumiert, profitiert nicht nur auf gesundheitlicher, sondern auch auf kulinarischer Ebene.

Erschienen in
Happy Life 02/2024

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Christina M. Horn
Koch