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© Felix Speller

Was macht eigentlich Barber Osgerby?

Was macht eigentlich ... Designgeschichte
Design
Interior Design

Das britische Architektur- und Designstudio Barber Osgerby prägt mit klarer Vision, Materialexperimenten und nutzerorientierten Entwürfen die internationale Designszene. Eine kleine Zeitreise durch ihr kunstvoll-minimalistisches Oeuvre.

Wie immer, wenn großes passiert, spielt der Zufall eine entscheidende Rolle. Denn dass sich Edward Barber und Jay Osgerby am Royal College of Art in London über den Weg laufen würden, war nicht unbedingt vorbestimmt. Barber studierte zunächst nämlich Innenarchitektur am Leeds Polytechnic, Osgerby Kunst und Produkt-design an der Ravensbourne University London. Beide kamen aber mit einer soliden Grundlage zum Architekturstudium und erkannten schon bald Gemeinsamkeiten. Das direkte Arbeiten mit Material, Form und Raum übte beispielsweise große Faszination auf sie aus. Schnell wurden erste gemeinsame Projekte auf die Beine gestellt. Sie entwarfen gegenseitig ihre eigenen Küchen, dann Möbel für Freunde. »Wir waren zwei junge Leute mit ähnlicher Begeisterung für Form und Material, bereit, uns kopfüber ins Unbekannte zu stürzen«, erinnerte sich Jay Osgerby einmal. 

Kunstanspruch

1996, also vor fast 30 Jahren, gründete das Duo dann in London sein Studio. Zwischen improvisierten Anfängen, großen Ambitionen und klaren Visionen wurde ein Raum aufgespannt, in dem zunächst einmal experimentiert wurde. Vor allem mit Materialien und neuen industriellen Techniken. Nebst Architektur entstand so auch eine stattliche Anzahl an Möbel, Leuchten und Produktdesign. Das Resultat ist dabei meistens sehr pragmatisch, immer aber nutzerorientiert. »Unsere Arbeit ist keine Schnitzeljagd nach Trends. Es geht um das Herauskitzeln des bisher Unbekannten im Alltäglichen«, so Edward Barber über ihren Anspruch und Ansatz.

Mittlerweile hat Barber Osgerby eine unverkennbare Handschrift entwickelt. Ultrareduziertes, dennoch sinnlich erfahrbares Design, das sich erst im Auge und in der Hand des Nutzers vollendet. Inspiration fanden und finden sie dabei immer wieder in der Kunst des US-amerikanischen Malers, Bildhauers und Architekten Donald Judd. Und auch der Finne Alvar Aalto wird oft und gerne als Inspirationsquelle genannt. Inspiration ist gut, aber letztlich gehen Barber Osgerby ihren Weg weiter und schließen ihre Liebe zur Moderne mit Materialinnovationen kurz. Ob beim oft kopierten »Bottle Table« für Cappellini, der mit skulpturalem Minimalismus Akzente im Raum setzt, oder bei einer Art Neuerfindung des industriellen Nassrasierers für Wilkinson – beim Duo schwingt immer maximaler Gestaltungswille mit, gepaart mit Respekt vor Prozess und Material. »Das stärkste Resultat entsteht, wenn man den Dingen erlaubt, sich zu entwickeln, anstatt sich zu sehr auf vorgegebene Ideen zu versteifen«, sagt Osgerby und sein Kompagnon ergänzt: »Gute Gestaltung ist Kommunikation.« 

1996: Museumsreif. Der »Loop Table« ist eine der ersten Arbeiten, die Barber Osgerby gemacht haben. Er steht u. a. im New Yorker Metropolitan Museum of Art und im V&A Museum in London. isokonplus.com

1998: Bugiwugi. Der »Flight Stool« ist aus einer einzigen Sperrholzplatte geformt und ein Frühwerk, das schon einiges vorwegnimmt. Gefertigt wie viele ihrer ersten Arbeiten von: isokonplus.com

2007: Prost. Oft kopiert, nie erreicht, der »Bottle Table« aus Marmor für: cappellini.com

2010: Tropfstation. Mit dem Regenschirmständer »Poppins« ist dem Duo das Kunststück gelungen, einen Alltagsgegenstand zu kreieren, der am Archetypus kratzt. magisdesign.com

Inspirationsquelle

Und ja, über die Arbeiten der beiden wird oft und gerne geredet. Nicht zuletzt, da sich nicht wenige davon in internationalen Designmuseen wiederfinden. So stehen etwa Entwürfe des Designduetts, das übrigens mit dem britischen Verdienstorden OBE ausgezeichnet ist, im Victoria & Albert Museum, im Metropolitan Museum of Art New York oder im Vitra Design Museum. Nicht zuletzt, weil sie mit dem »Tip Ton Chair« Anfang der 2010er-Jahre eine oft kopierte Sesselikone geschaffen haben. Barber Osgerby sind also mehr als Entwerfer – sie sind Impulsgeber, und zeigen, wie man aus Komplexität Leichtigkeit macht. Oder wie Edward Barber ihr Schaffen auf den Punkt bringt: »Das Ziel bleibt eine Welt, in der jedes Objekt Bedeutung durch seine Beziehung zu uns gewinnt. Nur dann ist Gestaltung relevant.«

2014: Must Read. Das Regal »Planophore« bringt mit seinen beweglichen vertikalen Elementen Flexibilität ins Bücherregal. 

2017: Highlight. Für das Londoner Design Museum entworfen, ist die Tischlampe »Bellhop« ein leuchtendes Beispiel für effektive und formschöne Reduktion aufs Wesentliche. flos.com

2022: Wasser marsch! Diese Wasserhähne und Mischbatterien bringen Farbe ins Badezimmer und bleiben auch formtechnisch in Erinnerung. Gibt es in sechs Farben.
axor-design.com

2024: Glattmacher. Nassrasierer optisch neu denken? Für Barber Osgerby kein Problem. Das Resultat kommt ohne Klebstoff aus, ist einfach zu recyclen und bringt nicht nur Kontur ins Gesicht. wilkinsonsword.de

Erschienen in
LIVING 06/2025

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Manfred Gram
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