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Design-Duo Doriana und Massimiliano Fuksas im Portrait

Was macht eigentlich ... Designgeschichte
Designer

Das Ehepaar Fuksas ist seit über 40 Jahren eine weltweite Fixgröße in der Architektur- und Designbranche. Seine Entwürfe, egal ob Flughafen oder Teelicht, sprechen eine gemeinsame Sprache.   

Es gibt Behauptungen, die stehen außer Streit. Etwa wenn man die Aussage in den Raum wirft, dass das italienische Studio Fuksas, gegründet und geführt vom Ehepaar Doriana und Massimiliano Fuksas, zu den weltweit wichtigsten und bedeutendsten Architektur­büros der Gegenwart zählt. Über 600 Architekturprojekte hat das Ehepaar mit seinem Team in den letzten vier Jahrzehnten verwirklicht. Darunter aufsehenerregende Prestigeprojekte wie die neue Messe Mailand oder der Bao’an International Airport in Shenzhen. Aber auch in Österreich hat man architektonische Spuren hinterlassen. Die Vienna Twin Towers am Wienerberg stammen ebenso aus der Fuksas’schen Kreativschmiede wie die ­Salzburger Shoppingmall Europark. Man sieht: Bei Fuksas wird fast alles gemacht und man bewegt sich äußerst profund auf den Gebieten Architektur, Kunst, Städte- und Landschaftsplanung. Fragt man bei diesem Output nach, ob sich in dieser schier unglaublichen Menge ein Lieblingsprojekt befindet, gibt es die diplomatischste aller Antworten: »Immer das nächste Projekt«, so Massimiliano Fuksas, der heuer 80 Jahre wurde. Ähnlich, wenn auch weniger lakonisch antwortet seine Ehefrau Doriana auf diese Frage: »Das nächste Projekt, das zukünftige, das ich noch nicht kenne, ist jedes Mal mein Lieblingsprojekt.«

2003 Super Service: Bei den »Tea & Coffee Towers« spürt man förmlich den Einfluss der Fuksas-Architektur auf den Fuksas-Designprozess. alessi.com

2008 Relax: Die schwungvolle Kombi aus Holz und Leder, die auch als Entspannungsmaschine durchgeht, nennt sich »Carolina« und ist ein Klassiker im Programm von: poltronafrau.com

Liebe im Raum

Das verwundert nicht. Das Paar ist gut abgestimmt. Seit 1985 arbeitet man bereits als Duo eng zusammen. Dabei sind die Aufgabenbereiche aber mitunter klar getrennt. Doriana, die an der ESA in Paris Architektur studierte, leitet seit 1997 die Designabteilung des Studios. »Auch weil designen nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen meines Mannes gehört«, wie sie einmal erzählte. Als Co-Kreativer steht sein Name aber trotzdem unter den fertigen Produkten. Denn: »Ich spreche mit meinem Mann über meine Entwürfe und diskutiere sie.« Nicht zuletzt, weil das Studio Fuksas nicht selten bei seinen architektonischen Projekten auch gleich die ganze Gestaltung der Innenausstattung übernimmt. Für den Interior-Feinschliff, den Doriana Fuksas der Architektur verpasst, hat sie übrigens sehr griffige Worte parat: »Es ist der letzte Liebesakt, den man einem Gebäude erweisen kann.« Damit die Liebe erwidert wird, muss aber eine gemeinsame Sprache gefunden werden, Hülle und Inhalt sollen sich ja bestmöglich ergänzen. Wenig verwunderlich also, dass Design-entwürfe aus dem Hause Fuksas die Architektur aus dem Hause Fuksas widerspiegeln. Unkonventionelle Formen treffen auf schwungvolle, organische Formen, beim Einsatz der Materialien zeigt man sich experimentierfreudig, wenn es sein muss aber auch traditionell, und gerne wird auf Transparenz, Glas und ein cleveres Spiel mit Oberflächenreflexionen gesetzt. In den besten Momenten entsteht dabei eine futuristisch-avantgardistische Ästhetik, die hochfunktional ist und sich – wie immer das Kunststück auch gelingen mag – unauffällig auffällig in den Räumen präsentiert. Gut zu sehen an einem, eigentlich profanen, Alltagsgegenstand wie der Türschnalle »Carmen« für Manital. Der Griff, benannt nach Bizets berühmter Oper, zeigt eine dynamische, weiche und sinnliche Linie, hat aber auch etwas Skulpturales, nicht zuletzt, weil mehr oder weniger subtil eine glänzende Linie die Schnalle in eine obere und eine untere Hälfte teilt. Bekannte Marken wie Baxter, Alessi, Poltrona Frau, Fiam Italia, oder Slamp schätzen derartige Qualitäten und Einfälle jedenfalls schon lange. Detto die Jurys diverser Designpreise.

2009 Große Oper: Der Türgriff »Carmen« geht auch als Miniskulptur durch und brachte die Jury des International Design Awards zum Jubilieren. manital.com

2022 Waschtag: Schlicht und treffend »Wave« wird dieses sinnlich-fluide Formenspiel aus Carrara-Marmor genannt. antoniolupi.it

Erschienen in
LIVING 05/2024

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Manfred Gram
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