My City: Glasgow
Sie ist vielleicht nicht von klassischer Schönheit, die raue Hafenstadt Glasgow. Doch es war sicher kein Irrtum, als man sie 1990 überraschend zu Europas Kulturhauptstadt und 1999 zur »UK City of Design« wählte.
Man könnte sogar behaupten, dass Glasgow eine der prachtvollsten Destinationen des Vereinigten Königreichs wäre, wenn die Stadt nicht im Laufe ihrer Geschichte so viel Unglück gehabt hätte. Hier existierten Reichtum und Armut stets nebeneinander, man war eine Metropole der imperialen Seemacht und eine Stadt der Slums. Das spiegelt sich auch in der Architektur. Viele mittelalterliche Kirchen (bis auf die Kathedrale) fielen der Reform des 16. Jahrhunderts zu Opfer, viele Bauten des 18. und 19. Jahrhunderts wurden aufgrund von Geldmangel oder Ignoranz abgerissen. Die Glasgow School of Art, das Art-déco‑Meisterwerk von Architekt Charles Rennie Mackintosh, erlebte 2014 und 2018 gleich zwei katastrophale Brände. Trotz vieler solcher Rückschläge bleibt der schottische Stolz der Stadt ungebrochen, und das spiegelt sich in jedem Detail. Und es sind immer noch reichlich Architekturschätze übrig. »Anders als Edinburgh mit seinem Schloss und seiner komplett erhaltenen Altstadt sind die Attraktionen Glasgows etwas subtiler«, sagt Douglas Murphy. Der in London lebende Architekt und Kritiker ist gebürtiger Glaswegian und stolz darauf. Er schätzt an seiner Heimat die Zeugen des reichen 19. Jahrhunderts ebenso wie die Architektur der Moderne, die er in- und auswendig kennt.
Landmarks
»Glasgow entdeckt man auf den zweiten Blick.«
Douglas Murphy, Architekt
Douglas Murphy geboren in Glasgow, ist Architekt und Architekturkritiker und lehrt an der Kingston University in London. Er ist Autor der Bücher »The Architecture of Failure«, »Last Futures« und »Nincompoopolis: The Follies of Boris Johnson«.