Ein Monolog aufgezeichnet von Atha Athanasiadis

Anzeige
Anzeige

Eines gleich einmal vorweg: Wenn Schauspieler*innen unsere Schule verlassen, haben sie eine belastbare und tragfähige Stimme. Sie sprechen verständlich und besitzen die Fähigkeit, sich sprechkünstlerisch auszudrücken. Eines der Probleme ist dann, dass das Gelernte in der Praxis nicht abverlangt wird, und zwar dann, wenn die Regie dem Sprechen nicht den Raum gibt und das gelernte Wissen nicht nutzt.

Ich vermittle im Reinhardt Seminar Sprache durch innere Bilder. Also: Wenn ich ein Bild habe, das ich spreche, dann entsteht auch beim Publikum eine Geschichte, ein Bild – das ist der ‚Trick‘, den alle guten Sprecher*innen anwenden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn Markus Hering im Akademietheater ganz hinten steht, völlig regungslos, und einen Botenbericht bringt, dann glaubt man, dass man einen großen Kinofilm vor sich sieht. Der Grund: Hering spricht alle Bilder präzise. Er hat also in seinem Job alles richtig gemacht.

Wenn dieses Wissen, diese Ausbildung nicht genutzt wird, dann kann dies dazu führen, dass Schauspieler schreien, denn sie suchen nach Ersatzmöglichkeiten auf der Bühne. Dann wird geflüstert, gehaucht, es werden Mikroports genutzt – aber das Gesprochene kommt nicht in uns an, es berührt uns nicht.

Lassen Sie mich das Bildersprechen am Beispiel Hamlet erklären. Wir fragen uns zuerst: Wer ist dieser Hamlet und wie viele? Dann teilen wir diese Hauptfigur in viele Teilfiguren. Wir suchen die Facetten und erfinden noch welche kreativ dazu. Danach suchen wir dazu Signalbilder, aus Filmen, dem Leben. Dann teilen wir den Text in Sinneinheiten und improvisieren jede Einheit mit einem Signalbild. Beim Sprechen werden dann diese Bilder abgerufen. Das macht jeder von uns automatisch, wenn wir von unserem Urlaub erzählen und wir dabei den Strand vor uns sehen. Die Zuhörer sehen dann auch einen Strand. Es ist zwar ihr ganz persönlicher – aber die Bildübertragung funktioniert. Das ist – einfach erklärt – das Bildersprechen.