Es geht ans Eingemachte, wenn am Uraufführungshaus 175 Jahre nach der ersten Vorstellung „Der Waffenschmied“ wieder aus dem Fundus geholt wird. Günther Groissböck, Miriam Kutrowatz, Timothy Connor singen die Hauptrollen, Leo Hussain dirigiert das RSO Wien. Eines der wenigen Exemplare der deutschen Spieloper, die – wie Lortzings „Zar und Zimmermann“, Flotows „Martha“ oder Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ – zumindest dem Namen nach noch bekannt sind. Auch Carl Maria von Webers „Peter Schmoll“ fällt in die Gattung; dessen Aufführung war 2019 der Geburtshelfer für Puppe Charlotte, „die mit Intendant Roland Geyer entstanden ist. Bei ‚Peter Schmoll‘ gab es diese stumme Rolle der Köchin. Sie kam gut an, Geyer wollte sie auch im ‚Waffenschmied‘. Ich habe mir dann überlegt, wen sie spielen könnte. Da gibt es das Fräulein von Katzenstein, das nie auftritt, aber eine wichtige Rolle spielt. Deren Zofe ist jetzt Charlotte“, sagt Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan.

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Identitätsgeplänkel

Die beiden müssen dann das ominöse Fräulein von Katzenstein erklären. Kein leichtes Unterfangen, denn die Handlung des „Waffenschmied“ hat es in sich, wenn die arme Marie herumgeschoben wird, nur weil ihr Vater, Waffenschmied und Tierarzt Hans Stadinger, den Adel verachtet. Daher darf sie nicht den Grafen von Liebenau heiraten. Wobei sie ohnehin den Gesellen Konrad liebt, ohne zu wissen, dass sich dahinter der Graf verbirgt. Der stellt sie dann rückverwandelt auf die Probe, um zu erfahren, dass sie tatsächlich den Gesellen Konrad, also eh ihn, den Inkognito-Grafen liebt. Ein Identitätsgeplänkel, das fast an Mozarts „Così“ erinnert. 

Habjan widerspricht: „Bei diesem Verwechslungsspiel denk ich mir jedes Mal: Wie kann das sein, dass die den nicht erkennt? Spielt sie mit? Das ergibt aber auch keinen Sinn. Also muss man annehmen, dass sie ihn wirklich nicht erkennt, womöglich fünfzehn Dioptrien hat und schwerhörig ist. Bei ‚Così fan tutte‘ kann man ein Leben lang philosophieren, was bewusst, was unbewusst passiert. Diese Tiefe ist hier nicht gegeben. Im Vergleich ist das wie Marianengraben gegen Neusiedler See.“ 

Wenn ich eine Pointe schnuppere, dann bin ich eine Rampensau."

Nikolaus Habjan

Inszenieren würde Habjan den „Waffenschmied“ nicht. Aber er findet solche Aufführungen wichtig, denn „die Musik ist schön. Wann hat man schon die Chance, einen ‚Waffenschmied‘ zu hören?“ Vieles gebe es in solcher Form noch zu heben. 

Charlotte ist dabei ein echter Joker, denn sie darf viel mehr als jeder Mensch: „So, wie ich sie einsetze, ist sich die Puppe bewusst, dass sie eine Puppe ist. Sie bricht sämtliche Ebenen auf und nimmt das Ganze durchaus humorig. Grundsätzlich ist mein Auftrag, dem Publikum das Werk möglichst gut zu verkaufen und vielleicht auch den einen oder anderen Zweifel an der Handlung anzubringen, ohne das Stück zu kompromittieren“, erklärt Habjan. Auf das Libretto greift er kaum zurück, macht lieber „etwas ziemlich Eigenes. Ich habe ein Grundkonstrukt gebaut. Bei mir passiert so etwas sehr spontan. Es kann sein, dass mir noch bei der ersten Klavierhauptprobe etwas einfällt.“ Dabei darf auch improvisiert werden, denn: „Wenn ich eine Pointe schnuppere, dann bin ich eine Rampensau!“

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Foto: Lukas Beck

Zur Person: Nikolaus Habjan

Nikolaus Habjan ist ein Multitalent und Multitasker: Als Puppenspieler, Puppenbauer und Regisseur begeistert er seit Jahren das Publikum im deutschsprachigen Theaterraum, ob am Theater an der Wien, am Burgtheater und Volkstheater Wien, am Schauspiel Graz, am Residenztheater München oder an der Bayerischen Staatsoper. Am 21. Oktober feiert „Der Waffenschmied" Premiere.

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