In Operncamps selbst Aufführungen einstudieren, nach dem Besuch von altersgerechten Vorstellungen mit den Künstlern über diese sprechen oder vor deren Beginn in Rollen aus einer Oper schlüpfen, um Kultur am eigenen Leib zu spüren und diese so noch intensiver zu erleben: All das möchte „jung und jede*r“, das Kinder- und Jugendprogramm der Salzburger Festspiele, ermöglichen.

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Ursula Gessat leitet dieses seit einem Jahr als Education Managerin und bringt immer wieder neue Ideen ein, wie man das junge Publikum noch mehr für Kultur begeistern könnte. „Um Kinder und Jugendliche für Hochkultur und die Festspiele zu gewinnen, braucht es lebendige Vermittlungsarbeit, die über zielgerichtete Produktionen hinausgeht“, sagt sie. „Natürlich benötigen wir Vorstellungen für jene, die noch nicht so viel Sitzfleisch haben. Vor allem aber wollen wir die Kinder und Jugendlichen stark einbeziehen in das, was wir tun.“

Im ganzen Bundesland

Zuallererst hieß es heuer: Raus aus dem Festspielbezirk! Schon im Mai, also einige Wochen vor Start der Salzburger Festspiele, brachte man Vorstellungen der beiden Stücke „WUT“ und „Ich lieb dich“ in Schulen und Kulturzentren im ganzen Bundesland Salzburg. Von Abtenau bis Zell am See waren die Stücke zu sehen. Starke Gefühle standen bei den Aufführungen ebenso im Fokus wie der Austausch mit den Besuchern im Anschluss. „´Ich lieb dich´ ist eine wunderschöne Reflexion über die Frage, was Liebe eigentlich ist, was es für verschiedene Altersabschnitte bedeutet. Wir haben in den ersten Vorstellungen gemerkt: Hier kann ein Achtjähriger ebenso etwas mitnehmen wie Teenager oder Großeltern“, sagt Gessat. Geht es doch in dem Schauspiel von Kristo Šagor um Erinnerungen an Menschen und Dinge, die jemand liebt beziehungsweise geliebt hat: von Zitroneneis über Kastanien bis zur Oma.

„In `WUT` wiederum ist unser Anliegen, einem Gefühl Raum zu geben, das sonst immer als Problem gesehen wird und kanalisiert oder negiert werden soll. Unser Musiktheaterstück ist ein Plädoyer dafür, dazu zu stehen, dass manche Herausforderungen auch mal wütend machen – und dass auch mal gewütet werden darf. In den Reflexionen im Anschluss haben wir nochmals gemerkt, wie sehr das Thema die Kinder und Jugendlichen gerade heute beschäftigt.“ Die Idee, im Bundesland mit Festspielproduktionen unterwegs zu sein, wurde heuer das zweite Jahr realisiert. Beide Stücke sind auch im Rahmen der regulären Festspiele zu sehen.

Vor der Opernvorstellung selbst aktiv werden

Doch bei „jung & jede*r“ geht es auch um das selbst Aktivwerden. Einerseits werden vor den Vorstellungen der Kinderoper „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“, die auf einem Märchen der Brüder Grimm basiert und von Stefan Johannes Hanke komponiert wurde, ganz besondere Einführungsveranstaltungen angeboten: Bei diesen schlüpfen junge Teilnehmer selbst in die Rollen jener Opernaufführung, die sie im Anschluss besuchen.

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Lebendige Vermittlungsarbeit
Education Managerin Ursula Gessat.

Foto: Anne Zeuner/Salzburger Festspiele

„Es geht darum, dass die Kinder in das künstlerische Produkt eintauchen und über das kreative Tun die Oper kennen lernen. Sie werden musikalische Versatzstücke aus der Oper, die sie nachher sehen, selbst ausprobieren und einfach Spaß mit dem Werk haben“, beschreibt Gessat. Diese Art des „Kultur-in-den-Körper-Kriegen“ sieht sie als idealen Einstieg: „Es erleichtert den Zugang zu Opern, Konzerten und Theaterstücken ungemein, wenn man schon mal selbst in den kreativen Prozess involviert war. Wer das erlebt hat, schaut anders, hört anders, erlebt anders und kann sich anders hineinversetzen und anders rezipieren.“

Eine ganze Woche Künstler sein

Dies gilt auch für die Camps der Salzburger Festspiele: Wer schon Erfahrung mit Musikinstrumenten oder in einem Chor hat, der möchte vielleicht gleich eine ganze Woche an einem Camp der Salzburger Festspiele teilnehmen. Auf Schloss Arenberg kommen zum „Jedermann-Camp“, „Zauberflöte-Camp“, „Katja Kabanova-Camp“ oder „Aida-Camp“ Kinder und Jugendliche ab 9 Jahren zusammen, um an diesen Opern oder dem Theaterstück mit Profi-Leading-Teams zu arbeiten.

Am Ende präsentieren sie unter Mitwirkung von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker eine Aufführung. Das Interesse ist groß: „Für die vier Camps hatten wir insgesamt um die 230 Bewerberinnen und Bewerber aus aller Welt, sogar aus den USA und aus Israel“, sagt Gessat. „Es ist nicht leicht, hier auszuwählen, wobei wir keine Kaderschmiede sein wollen. Es ist schön, wenn der Profi-Trompeter von morgen auch kommt. Aber vordergründig geht es uns um das Erleben des künstlerischen Tuns, die eigene kreative Beschäftigung mit den jeweiligen Opern oder dem Stück. Und um den Spaß, den die Kinder und Jugendlichen dabei haben.“

Lebendige Vermittlungsarbeit

Neben den Anreizen selbst aktiv zu werden, die sie den Kindern und Jugendlichen anbietet, sieht es Gessat auch als wichtigen Teil ihrer Aufgabe, noch mehr darauf aufmerksam zu machen, dass die Festspiele 6.000 Jugendkarten zu reduzierten Preisen anbieten. „Und es braucht auch Anstöße, das `normale` Programm noch mehr wahrzunehmen: Sei es mit Jugendeinführungen, Künstlergesprächen, aber eben auch mit Gesprächen mit Schulen, Unis, Jugendzentren und ähnlichem“.

Gleichzeitig hält sie fest, dass sie vieles, was mit ihrem Job zu tun hat, nicht als Einbahnstraße von der Kulturinstitution zu den Konsumenten sieht: „Man redet ja immer davon, eine Brücke zu bauen, aber eine Brücke hat zwei Richtungen und zwei Eingänge. Es geht nicht nur darum, dass die Festspiele vermitteln, sondern auch darum, die Themen, Ideen, Fragen und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in die Arbeit der Festspiele einzubinden.“ Über allem stehe der Wunsch: „Wir wollen immer wieder und noch mehr zeigen, dass die Festspiele sehr offen sind für junge Leute und das, was sie bewegt.“