Neun österreichische Symphonieorchester stehen gemeinsam auf der virtuellen Bühne: Für ein Konzert-Projekt haben sich alle Landesorchester zusammengetan, um Solidarität, Zusammenhalt und Hoffnung zu signalisieren. Joseph Haydns instrumentale Passionsmusik „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“ wurde von den teilnehmenden Klangkörpern jeweils in Eigenregie als Filmaufnahme produziert und anschließend zu einem Gesamtwerk zusammengefügt, das am Karfreitag, 2. April 2021, in ORF III ausgestrahlt und danach auf den Plattformen der Orchester veröffentlicht wird.

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Haydns Passionsmusik für den Karfreitag

Die Initiative zum kooperativen Streaming ging dabei vom Orchesterdirektor des Mozarteumorchesters Salzburg, Siegwald Bütow, aus. „Mein Eindruck war, dass man sich etwas Besonderes überlegen muss, um sich von den vielen Konzertübertragungen abzuheben und Reichweite zu lukrieren“, sagt er.

Bütow steht seit vergangenem Jahr in regelmäßigem Austausch mit den Intendanten der anderen Landesorchester. „Anfangs ging es in einer WhatsApp-Gruppe um Alltagsfragen wie Testen und Sicherheitsabstände, doch der Austausch etablierte sich als regelmäßiges Zoom-Meeting. In einem von diesen schlug ich vor, wie wir uns alle durch ein gemeinsames Projekt präsenter machen könnten“, sagt Bütow.

Da Ostern bevorstand und Joseph Haydns instrumentale Passionsmusik gut zum Karfreitag passt, fiel die Wahl auf dieses Werk. Zudem lässt es sich gut auf neun Orchester aufteilen, weil man das Vorspiel der 1787 uraufgeführten Orchesterfassung und die Introduzione der Oratoriumsfassung von 1796 mit aufnahm.

RSO zeichnete im Schloss Esterhazy auf

So spielte das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich beispielsweise die Sonata II „Fürwahr, ich sage es dir“ unter Dirigent Wayne Marshall ein. Das RSO unter Marin Alsop wählte die erwähnte Introduzione 2. Die Grazer Philharmoniker nahmen sich unter der musikalischen Leitung von Roland Kluttig die Sonata IV „Mein Gott, mein Gott“ vor. Während das Bruckner Orchester Linz mit Markus Poschner am Pult die Sonata I „Vater, vergib ihnen“ und das Mozarteumorchester die Einleitung unter Riccardo Minasi als Video umsetzte.

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Mit dabei sind auch das Kärntner Symphonieorchester unter Nicholas Carter, das Symphonieorchester Vorarlberg mit Emmanuel Tjeknavorian am Pult, das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Kerem Hasan und die Wiener Symphoniker unter der musikalischen Leitung von Andrés Orozco-Estrada.

Alle Videos, die die Orchester in Sälen, in denen sie auch sonst oft spielen, aufnahmen (einzig das RSO zeichnete im Schloss Esterhazy in Eisenstadt auf), wurden dann zu einem Konzertfilm zusammengefügt.

Jedes Orchester mit eigener Herangehensweise

Wie man sich ein Werk mit neun verschiedenen Interpretationsansätzen vorstellen kann? „Natürlich bringt jeder musikalische Leiter seine eigene Herangehensweise an das Stück mit und jedes Orchester seine eigene Klangfarbe. Es geht uns ja gar nicht um Einheitlichkeit“, sagt Bütow. Wobei ihm wichtig ist, zu betonen „dass alle sehr kooperativ waren und frei von Eitelkeiten, Musiker wie Dirigenten“.

So werde es „eine ganze Bandbreite von Interpretationsmöglichkeiten dieses Haydn-Werks“ geben. Allen Orchestern, die sich generell als kulturelle Nahversorger der heimischen Bevölkerung verstehen, gehe es in dem Projekt um „ein Zeichen der Gemeinsamkeit und der Hoffnung.“ Man wolle „ein Lebenszeichen geben und signalisieren, welcher Lebenswille in den kulturellen Institutionen steckt“, wie Bütow ausführt.

„Aber natürlich merken wir auch, dass wir in der Wahrnehmung nach außen enorm profitieren, wenn wir uns alle zusammentun“, so Bütow. Selbst wenn das Projekt aus der Not der Corona-bedingten Schließungen heraus entstand, könne er sich eine Fortführung vorstellen. „Es kann gut sein, dass wir das Projekt institutionalisieren und auch in Zukunft einmal pro Jahr etwas Gemeinsames auf die Beine stellen.“ Aktuell geht es aber vor allem darum, Zusehern wie Musikern Rückenwind in einer herausfordernden Zeit zu geben.

Siegwald Bütow ist für das Mozarteum Orchester verantwortlich.

Foto: Mozarteumorchester/ Erika Mayer